Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 76

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ben da ja zugestimmt (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, das ist falsch!) –, unterstützen das Papier, das vorliegt. Herr Klubobmann Schüssel, natürlich ist es dasselbe! Es ist eine Verfassung, es ist der alte Brief im neuen Umschlag, wie Giscard d’Estaing gesagt hat. Wir unterstützen das nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt ein Wort zu meinem Vorredner: Nichts ist unumkehrbar. – Das sind die Drohge­bärden und der Versuch, Kritiker von vornherein mutlos zu machen. Alles ist politisch gemacht und lässt sich auch politisch korrigieren, zum Beispiel durch eine Volksab­stimmung. Auch da ist ganz klar: Sie alle lehnen das ab, wir aber wollen das. Herr Klubobmann Schüssel, eine europaweite Volksabstimmung setzt das voraus, was Sie jetzt schaffen wollen, nämlich das Ende der souveränen Nationalstaaten und einen Bundesstaat. (Abg. Strache: Das ist es! – Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht!) Das ist erst dann zu tun, wenn Sie diesen Schritt gesetzt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind sich einig und sagen das auch immer. Mit einer übergroßen Mehrheit – ich ha­be damals dagegengestimmt – haben Sie die EU-Verfassung angenommen, die dann gescheitert ist, weil Volksabstimmungen stattgefunden haben. Aber darum geht es gar nicht. Die Kluft zum Volk ist beachtenswert geworden. (Abg. Strache: Das ist es! Das ist genau der Punkt!) 70 Prozent der Österreicher wollen eine Volksabstimmung, aber Sie verweigern das. (Abg. Dr. Schüssel: 75!)

Was ist Ihr Argument? Wir haben es mehrmals gehört, vor allem von Frau Kommissa­rin Ferrero-Waldner. Sie hat ganz deutlich gesagt: Die Leute verstehen es nicht! – Das ist eine ungeheure Geringschätzung der Österreicher, eine große Arroganz, die hier zunehmend zu bemerken ist. Vor allem aber gilt dieses Argument nicht. Selbst wenn es so wäre, selbst wenn sich ein Großteil der Bürger bis jetzt da nicht durchgefunden hätte, wäre es unsere, vor allem ihre Pflicht, es so darzustellen, dass sich der demo­kratische Bürger ein Bild machen und entscheiden kann. Das ist die Pflicht eines de­mokratischen Politikers! (Beifall bei der FPÖ.)

Gestern haben sich aber die Frau Kommissarin und die Frau Außenministern aufge­macht, sich doch ein bisschen Mühe zu geben und zu erklären, und haben in der „Presse“ unter dem Titel „Fit für die gemeinsame europäische Zukunft“ ein bisschen er­klärt und geschrieben. Da stand dann, dieses Papier sei ein Fitnessprogramm, schlan­ker, schneller, stärker, mit einem unverwechselbaren rot-weiß-roten Profil. Sie müssen in Brüssel Gewaltiges geleistet haben.

Ich versuche nun, ein bisschen in diese Diskussion einzutreten. Probieren wir es ein­mal!

Zum Ersten: „schlanker“. – „Eine klare Abgrenzung der Kompetenzen, für die wir in der Europäischen Union gemeinsam Verantwortung tragen, von den Kompetenzen der Mit­gliedstaaten.“

Ein bisschen einfacher formuliert: Es soll ab jetzt klar sein, was Wien tut und was Brüs­sel tut, ein für alle Mal. Wäre ja fein, wenn es da nicht die sogenannte Flexibilitätsklau­sel gäbe, Artikel 308 Abs. 1 EUV, die besagt, auf Vorschlag der Kommission kann der Rat sich jede Befugnis auch in jenen Bereichen, die im Vertrag nicht vorgesehen sind, verschaffen.

Da sieht man schon: Wir beschließen hier etwas, und wenn dann die Notwendigkeit auftritt, weitere Befugnisse zu arrogieren, dann ist das auch schon mit vorgesehen. Allein das müsste, meine ich, grundsätzlich einer Befragung durch die Bevölkerung unterzogen werden.

Zum Zweiten: „schneller“. – „Ein wirksameres Europa, das rascher und besser Ent­scheidungen treffen kann. Mehr qualifizierte Mehrheitsentscheidungen“ – schreiben die


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