Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 280

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Das zweite Beispiel, das ich ausgewählt habe – es wurde heute schon oft erwähnt –, ist die Situation der freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, wobei wir ja wissen, dass mehr als die Hälfte der freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer Frauen sind.

Dieses Phänomen der atypischen Beschäftigung dauert ja schon mehr als zwei Jahr­zehnte an – global, europaweit und mittlerweile auch in Österreich. Ich darf kurz Pro­fessor Emmerich Tálos zitieren, der dazu gemeint hat, das sei ein längerfristiger Trend, der unumkehrbar ist, dann, so glaube ich, teilen alle von uns diese Einschätzung.

Wir wissen, dass es eine Tatsache ist, dass in Österreich in den letzten zehn Jahren vor allem die Zahl der geringfügig beschäftigten Frauen um mehr als 70 Prozent ge­stiegen ist, dass jede vierte Frau eine Teilzeitbeschäftigte ist, dass aber nur ganz weni­ge Männer im Teilzeitbereich arbeiten und dass auch – das habe ich schon erwähnt – die Hälfte aller freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer Frauen sind.

Diese drei Beispiele zeigen, dass der Markt, der immer mehr ein globaler Markt ist, ausschließlich Profit zum Ziel hat. Deswegen haben insbesondere wir Politikerinnen und Politiker die Verpflichtung und müssen unser Augenmerk darauf legen, dass wir auf der einen Seite versuchen, diese Situation zu verändern, indem auch Männer in atypische Beschäftigungsverhältnisse gehen oder dass überhaupt mehr Vollzeitarbeits­plätze geschaffen werden – wiewohl ich weiß, wie schwierig das ist –, dass wir auf der anderen Seite im Sinne einer geschlechtergerechten Politik auch dafür Sorge tragen, dass Schritt für Schritt Maßnahmen, die diese Ungleichheiten beseitigen, eingeleitet werden.

Im Regierungsprogramm ist die Beseitigung der rechtlichen Schlechterstellung von freien DienstnehmerInnen enthalten, deswegen beinhaltet diese Regierungsvorlage deren Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung, in die Abfertigung-neu und in den Schutz des Insolvenzentgeltsicherungsgesetzes – das Kranken- und Wochengeld wird im Zuge des nächsten Tagesordnungspunktes ohnehin noch behandelt.

Wir sind noch lange nicht zufrieden, das können Sie mir glauben! Es geht noch um be­zahlten Urlaubsanspruch, Kündigungsschutz und Mindestlohnvorschriften für diese Gruppe der Beschäftigten, hauptsächlich Frauen.

Herr Bundesminister, Sie haben jetzt Flexicurity so oft erwähnt: Was wir alle uns im Sinne der Frauen nicht wünschen, ist, dass es Flexibility für Frauen und Security für Männer heißt. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.13.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Das war natürlich eine interessante Definition von Flexicurity, aber ich habe nach dem, was der Herr Bundesminister erzählt hat, eine noch naheliegendere, nämlich: Flexibilität gibt es durch die Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für die ArbeitnehmerInnen, und Security gibt es in Form eines zwar nicht geschenkten, aber eines wirklich günstigen, rabattierten Angebotes für die Unternehmer, die sich ar­beitslosenversichert wissen wollen. (Abg. Dr. Schüssel: Sehr witzig! Sehr witzig!)

Das ist nicht witzig, das ist tatsächlich eine Umverteilungsmaßnahme, in diesem Fall zu Lasten einer Versichertengemeinschaft. – Wir waren immer dafür, haben aber auch die Schwierigkeiten dabei gesehen, Herr Klubobmann Schüssel, wenn man versucht, das Selbständigenrisiko, das ganz anders gelagert ist, zu dem der Unselbständigen hinzu­zufügen. Da besteht die große Gefahr, dass die große Versichertengemeinschaft der unselbständig Beschäftigten das bezahlen muss.

 


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