Der zweite Teil kommt jetzt, wo immerhin eine sehr umfangreiche verfassungsrechtliche Bereinigung mit einer Streichung von rund 1 000 Verfassungsbestimmungen stattfindet. Ich gehe jetzt nicht im Detail darauf ein. Das ist ein Ergebnis des Konvents und ist ja auch im Wesentlichen zwischen den politischen Parteien unbestritten.
Es sind darüber hinaus einige wichtige neue Elemente enthalten: Die Staatsanwaltschaft wird in der Verfassung verankert. Der Weisungszug bleibt davon unberührt.
Die Volksanwaltschaft, die schon bisher die Justizverwaltung kontrollieren konnte, erhält die Möglichkeit, auch Fristsetzungsanträge dort zu stellen, wo dies objektiv notwendig ist, greift aber nicht in die Rechtsprechung ein, weil auch über diese Fristsetzungsanträge natürlich die Justiz in eigener Macht, in eigener Entscheidung letztlich entscheiden wird.
Die Selbstverwaltungskörper und die Sozialpartner werden in die Verfassung mit aufgenommen. Eine riesengroße Aufregung! Interessanterweise sind die Sozialpartner relativ still in dieser Frage. Ob man das in der Verfassung gebraucht hätte, ist eine Geschmacksfrage. Ich glaube, die Rolle der Sozialpartner war in all den Jahrzehnten, als es keine verfassungsrechtliche Verankerung gegeben hat, nicht kleiner und geringer. Aber es ist so auch nicht schlecht, weil manche Juristen dies immer wieder bemängelt haben. Daher ist es jetzt verankert. Übrigens sind auch das Kontrollrecht über die Sozialpartner im Rahmen der ministeriellen Verantwortung und auch bestimmte Prinzipien, etwa die demokratische Zusammensetzung der Selbstverwaltungskörper verankert. Das finde ich gar nicht schlecht, dass diese Prinzipien verankert sind. Eine Garantie im Bestand gibt es, und zwar nicht nur für drei, sondern für alle Selbstverwaltungskörper, was sicherlich eine Verbesserung ist. Insgesamt, so denke ich, wird sich in der praktischen Substanz wenig ändern. Die Aufregungen – „zurück zum Ständestaat“ und so weiter – sind, so meine ich, unangebracht.
Was mich persönlich schon gestört hat, war Folgendes: Einen Tag, nachdem wir das mit großer Mehrheit im Verfassungsausschuss beschlossen haben, hat dann Ihr Geschäftsführer es der Mühe wert gefunden, einen Sozialpartner, nämlich die Bauernvertretung, als ständestaatliches Relikt zu kritisieren. Meine Damen und Herren, entweder – oder! (Abg. Neugebauer: Ungeheuerlich!) Das geht nicht! Wir anerkennen die Rolle der Sozialpartner, aber das gilt für alle, auch für die Bauern, auch für die Arbeitnehmer, auch für die Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)
Natürlich ist auch ein interessanter Punkt drinnen, der jetzt erst kritisiert wird: Der Artikel 50 wird neu gestaltet. Wir haben damit die Möglichkeit, auch Staatsverträge nicht mehr in einem zweistufigen, sondern in einem einstufigen Verfahren, allerdings natürlich mit qualifizierter Mehrheit, zu beschließen. Das Interessante ist – ich sage das in Richtung auch der Abgeordneten des BZÖ –: Dieser Punkt ist natürlich begutachtet worden. Das ist ein Thema, das im Konvent diskutiert wurde. Es ist im Juli zwei Monate, acht Wochen lang zur Begutachtung ausgeschickt worden. Es hat 101 Stellungnahmen gegeben. Keine einzige Stellungnahme war negativ. Es haben einige sogar ausdrücklich positiv dazu Stellung genommen. Es ist ja auch sinnvoll, ehrlich gesagt, dass man eine solche Ratifizierung in einem Verfahren abwickeln kann. Keine Sorge: Wer Volksabstimmungen will, kann den bisherigen Weg gehen, dass man eben ein Verfassungsgesetz macht, wie das beim Beitritt Österreichs etwa der Fall gewesen ist. Ich glaube also, auch dieser Punkt ist absolut in Ordnung.
Der strittigste Punkt in der Öffentlichkeit war natürlich die Frage, wie es mit dem Asylgerichtshof weitergehen wird. Ich denke, dass die Fremdenpakete insgesamt und jetzt auch die Reform der asylrechtlichen Rechtsprechung sehr sinnvoll sind. Österreich war immer ein offenes und ein tolerantes Land. Wir haben seit dem Jahr 1945 über zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Die meisten Flüchtlinge sind aber weitergegangen
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