Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 49

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dann hier im Haus sagen: Ich werde mich beschweren!? – Bitte ersparen Sie uns das in Zukunft. Ich meine, das ist nicht lustig. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Und was die Krokodilstränen betrifft, die von einzelnen MinisterInnen und Abgeord­neten dann hier geweint werden – das ist schon noch erwähnenswert –: Wenn man so einen maßgeblichen Einschnitt in das rechtsstaatliche System macht, wie den Weg zum Verwaltungsgerichtshof für eine bestimmte Gruppe von Menschen in Österreich grundsätzlich auszuschließen, zum Verwaltungsgerichtshof, den es unabhängig seit mehreren Jahrzehnten – bis auf die Nazi-Zeit, da war er ausgeschaltet – in einer Form gibt, wo von niemandem und nirgendwo Kritik an seiner Unabhängigkeit geübt worden ist – und das für Asylwerberinnen und Asylwerber einfach mit einem Federstrich außer Kraft zu setzen, ist ein massiver Einschnitt in unser rechtsstaatliches System –, dann ist es ganz „schrecklich“ und ganz „furchtbar“, wenn dann einzelne Abgeordnete Krokodilstränen weinen. – Im Ausschuss hat kein Einziger dieser Abgeordneten auch nur eine Frage an die Experten gestellt, sich beim Hearing beteiligt, und es ist von ihrer Seite keine einzige kritische Wortmeldung gekommen, daher: Bitte ersparen Sie sich auch diese Krokodilstränen! – Zur Erinnerung: Dieser Ausdruck, dieses Bild kommt nämlich daher, dass die Krokodile, wenn sie ihre Opfer zerbeißen, aus Kraftan­stren­gung Tränen zerdrücken. Ich glaube, das können Sie sich in Zukunft auch sparen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt schauen wir uns noch einmal an, was da inhaltlich herausgekommen ist. – Die Vorgangsweise ist, glaube ich, unter jeder Kritik, und das Hohe Haus wird massiv kritisiert von Kommentatoren, von Juristen, von Höchstgerichtspräsidenten. Aber schauen wir uns einmal an, was inhaltlich herausgekommen ist.

Versprochen war Folgendes: Zeitgemäße Grundrechtsreform – ich habe noch nichts davon gesehen –, insbesondere soziale Grundrechte – ich habe noch nichts davon gesehen –, Neuordnung der Kompetenzen, eine der größten Herausforderungen, vor denen die Republik steht, eine Neuordnung des Föderalismus – ich habe noch nichts davon gesehen, gibt’s nicht; ich bin auch sicher, dass da nichts kommen wird –, Ausbau des Rechtsschutzes – es gibt keinen Ausbau des Rechtsschutzes, es gibt vielmehr einen Abbau des Rechtsschutzes –, und Ausbau der demokratischen Kon­trolle – es gibt keinen Ausbau der demokratischen Kontrolle; der Ausbau der demo­kratischen Kontrolle ist abgesagt, sogar hier im Hohen Haus! Im Geschäfts­ord­nungskomitee ist der Ausbau der Kontrolle abgesagt, die Gespräche sind für beendet erklärt worden.

Ich darf nur zitieren, wie das medial beurteilt wird:

„Ganz hurtig hat die Regierungsmehrheit kürzlich die Verlängerung der Legislatur­periode auf fünf Jahre beschlossen. Eine Maßnahme, die vor allem der Regierung nützt. Die aber, so hat man uns hoch und heilig versprochen, durch einen Ausbau der Minderheitenrechte im Parlament kompensiert werden sollte.

Nun stellt sich heraus, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wird. Mit dem Ergebnis, dass die Regierung mächtiger ist als je zuvor, ...“ – „Es lebe das Hohe Haus“, Herr Klubobmann Schüssel! – „Eine jämmerliche demokratiepolitische Bilanz“, so schreiben die „Salzburger Nachrichten“ in einem sehr treffenden Kommentar.

Was haben also inhaltlich die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich von diesem Verfas­sungspaket bekommen? – Die Verlängerung der Legislaturperiode, keine einzige Aufwertung einer direktdemokratischen Möglichkeit. Sogar Volksbegehren, die kurz vor Ende einer Legislaturperiode eingebracht werden, verfallen weiterhin. Nicht einmal diese winzige, kleine Aufwertung von direktdemokratischen Instrumenten gibt es, ge­schweige denn Kontrollrechte des Parlaments, geschweige denn Kontrollrechte des Rechnungshofes, geschweige denn „gläserne Parteikassen“.

 


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