Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 160

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Verurteilungen herauskommen (Abg. Strache: Höhere Strafen!), aber der Negativ-Effekt des höheren Strafrahmens und damit des Nicht-Anzeigens vermieden wird.

Anzeigenpflicht: Wir können über eine Anzeigenpflicht diskutieren, aber auch hier bin ich für eine genaue Diskussion. Das Wichtigste ist, dass wir eine lückenlose Melde­pflicht haben. Bei einer Anzeigepflicht besteht immer die Gefahr, dass in gewissen Grenzfällen die Anzeige unterbleibt, weil man sich nicht im Klaren ist: Ist da wirklich etwas passiert? Oder ist das Kind bei einem normalen Haushaltsunfall zu Schaden ge­kommen? (Abg. Dr. Graf: Was ist der Unterschied zwischen Meldung und Anzeige?)

Die lückenlose Meldepflicht garantiert, dass die zuständigen Behörden von diesem Fall Kenntnis erlangen, sich ihn näher anschauen können und dann klar ist, welche Schritte zu setzen sind. (Abg. Dr. Graf: Was ist der Unterschied zwischen Meldung und Anzeige?) Die Gefahr bei einer Anzeigepflicht – wenn Sie das nicht differenzieren – ist, dass solche Fälle nicht aufgegriffen werden, die Behörden daher keine Kenntnis erlangen und auch nicht einschreiten können.

Wenn wir aber eine umfassende und lückenlose Meldepflicht wollen, dann ist es die Grundvoraussetzung dafür, dass dieses Meldesystem funktioniert. Das heißt, wir brauchen eine ausreichende Personalausstattung bei den Jugendämtern. Wir haben ja nichts davon, wenn Fälle gemeldet werden, die dann aufgrund der Aktenberge dort gar nicht mehr weiterbearbeitet werden können, weil es viel zu wenige zuständige Mit­arbeiterInnen gibt. Ich habe mir die Zahlen für Wien angeschaut: Allein in den letzten fünf Jahren ... (Abg. Strache: Habe ich unter anderem gefordert, Herr Kollege!)

Kollege Strache, auch wenn Sie es gesagt haben, werden Sie mir nicht böse sein und darf ich trotzdem erwähnen, dass wir das auch als sinnvolle Maßnahme sehen. (Abg. Strache: Weil Sie vorhin so getan haben, als hätte ich das nicht gefordert!) Es ist selten, dass wir einer Meinung sind; hier sind wir es möglicherweise. Lassen Sie es mich doch aussprechen, und freuen Sie sich darüber, dass wir nicht in 100 Prozent, sondern nur in 75 Prozent aller Fälle nicht einer Meinung sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Bin ich froh darüber!)

Ich habe mir diese Zahlen für die letzten fünf Jahre in Wien angeschaut. Die Gefähr­dungsmeldungen sind von 5 000 auf 11 000 gestiegen – was gut ist, denn das heißt, es wird weniger weggeschaut, es wird gehandelt –, aber die Zahl der zuständigen Mitarbeiter bei den Jugendämtern wurde nicht aufgestockt. Deren Anzahl ist genauso niedrig, muss man jetzt sagen, wie 2001. Die logische Folge ist, dass diese Fälle liegen bleiben, nicht weiterbearbeitet werden und damit möglicherweise gefährliche Situa­tionen nicht erkannt werden.

Das ist kein Wien-Spezifikum, das ist in allen anderen Bundesländern gleich. Das heißt, es gilt auch in den Bundesländern, in den Landtagen Druck zu machen, dass die Jugendämter personell ordentlich ausgestattet werden.

Zur Verjährung: Ja, über die Verlängerung der Verjährungsfristen müssen wir dis­kutieren, das müssen wir prüfen. Es kann nicht sein, dass schwerer sexueller Miss­brauch nach zehn Jahren verjährt. Das ist mit Sicherheit zu kurz. (Ruf bei der FPÖ: Nach fünf!) – Je nach Strafhöhe.

Die bedingte Entlassung: Kollege Strache, da sind wir uns wieder uneinig. Die Zahlen, die Sie bei den Rückfällen genannt haben, sind schlichtweg falsch. Die Rückfallsquote liegt – Gott sei Dank, sage ich – nicht bei 98 Prozent, sie liegt bei 10 bis 25 Prozent. Das ist hoch genug, aber es sind 10 bis 25 Prozent.

Wir haben jetzt so viel über die bedingte Entlassung diskutiert, und ich würde Sie bitten: Unterhalten Sie sich einmal mit Ihrem Justizsprecher Fichtenbauer. Wenn man mit ihm unter vier Augen redet, hat er ja ein gewisses Verständnis für dieses Instru-


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