Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 223

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19.09.23

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wie bereits im Justizausschuss geäußert, möchte ich auch hier meine Bedenken hinsichtlich dieser Suchtmittelgesetz-Novelle noch einmal nach­drücklich deponieren und gleichzeitig sagen, dass ich mich außerstande sehe, dieser Novelle zuzustimmen, auch wenn ich der Verschärfung der Strafen in einigen Punkten und dem Ausbau des Prinzips „Therapie statt Strafe“, wie es mit diesem Gesetz umgesetzt wird, durchaus zustimme.

Frau Bundesministerin, ich habe Ihnen bereits einmal gesagt, dass ich sechs Monate lang einer Drogenabteilung am Landesgericht Innsbruck zugeteilt war, und aus der Praxisnähe der damaligen Zeit heraus finde ich nach wie vor, dass meine Bedenken hinsichtlich des Entfalles einer Strafnachsicht nur dann, wenn eine geringe Menge zum eigenen Besitz erworben oder besessen wird, die jetzt ganz gravierend ausgedehnt wird, berechtigt sind. Es ist nämlich bei dieser Novellierung so, dass jemand für den eigenen Gebrauch die gesamte Grenzmenge besitzen darf. Und man muss es schon ein bissel auf der Zunge zergehen lassen: Die Grenzmenge ist immerhin jene Menge, die geeignet ist, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen – von mehreren Menschen! – herbeizuführen.

Das darf ich jetzt nicht nur besitzen und erwerben, sondern eine solche doch erheb­liche Menge darf ich in Zukunft einführen, anbauen, über die Grenze schaffen, darf ich sogar, wenn es zum persönlichen Gebrauch für jemand anderen ist, ohne dass ich einen Vorteil dadurch habe, sprich: Geld damit verdiene, weitergeben.

Wie schaut das Ganze jetzt in der Praxis aus? – Diese geringe Menge hat man in der Praxis immer so definiert, dass man gesagt hat: Einer, der nur einmal Drogen konsumiert, der das einmal macht, hat diese Ration für einen Tag daheim und soll nicht gleich für den Rest seines Lebens stigmatisiert sein. Eine Grenzmenge irgendeines Suchtmittels habe ich aber nicht aus Jux und Tollerei und um es mir zu ersparen, täglich zu meinem Drogenhändler gehen zu müssen, einfach so daheim, sondern die habe ich daheim oder gekauft, um sie mit Freunden zu rauchen, zu konsumieren.

Beweisen, dass man nicht damit handelt, hat man in der Vergangenheit bei derart großen Mengen nicht müssen, denn da war die Frage der automatischen Straffreiheit und des Zurückstehens nur bei einer Therapie und dann gegeben, wenn es sich eben um die geringe Menge eines Tagesbedarfs gehandelt hat. Da sind natürlich die Be­weis­möglichkeiten erheblich schwerer.

Das gilt aber nicht nur für diejenigen, die selbst süchtig sind, sondern auch für die­jenigen, die nicht süchtig sind, wenn sie Drogen für einen anderen erwerben, kaufen, anbauen.

Jetzt stellen wir uns einmal vor: Vier junge Leute konsumieren gerne Drogen. Die sagen jetzt zu einem Mädel: Bitte erwirb für uns zu unserem persönlichen Gebrauch diese Grenzmenge, du kriegst ganz sicher kein Geld dafür von uns, wir setzen dich nur ein bisserl unter Druck! Das ist eine Menge, die geeignet ist, eine erhebliche Gruppe von Menschen süchtig zu machen. Dieses Mädel braucht auch keine Therapie. Das ist eine bequeme Art und Weise, zu Suchtmitteln zu kommen.

Das ist wahrscheinlich nicht das, Frau Bundesminister, was mit diesem Entwurf tat­sächlich intendiert wird, nämlich – und das ist genau das, was man in der Ver­gangenheit bezwecken wollte – dass der, der einmal ein Suchtgift konsumiert, Therapie statt Strafe bekommt und nicht für sein ganzes Leben stigmatisiert ist.

Ich habe diesen Punkt ausführlich mit Drogenrichtern und mit Staatsanwälten be­sprochen, die sich damit ein ganzes Leben lang beschäftigen, und sie alle haben mir


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