Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 224

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gesagt, dass sie diesen Punkt ganz genauso lesen wie ich. Aus diesem Grund kann ich – trotz vieler sehr positiver Punkte, die in diesem Gesetz enthalten sind – diesem Gesetz meine persönliche Zustimmung nicht geben und werde mich der Stimme enthalten. (Beifall beim BZÖ.)

19.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Grünewald. Sie haben sich für 3 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.14.03

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätz­te Frau Bundesministerin! Liebe Kollegin Hakl, ich finde dieses Gesetz auch problematisch, aber aus ganz anderen Gründen als Sie. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich!) Jeder redet mit dem, den er gerne als Kronzeugen anführt. Wir haben einen Arbeitskreis gehabt, wo sich monatlich SuchtgiftexpertInnen getroffen haben. Wir haben eine kleine Enquete gemacht mit Leuten aus Frankfurt und Zürich, und zwar mit höchstrangigen Leuten, auch von den Behörden, und die sagen an und für sich etwas anderes.

Warum ist das Gesetz so schwierig? – Weil man gesundheitspolitische Erfordernisse mit strafrechtlichen Notwendigkeiten irgendwie auf einen Punkt bringen muss, und das angesichts einer Lufthoheit an Stammtischen bezüglich Vorurteilen und Fehlurteilen über Suchterkrankungen, die politisches Handeln immer riskant und immer schwer machen. Und teilweise herrscht politisch nicht immer der Weit- und Durchblick, son­dern eher sozusagen eine Kurzsichtigkeit durch „orangen Star“ oder ähnliche Dinge.

Ich werde Ihnen einmal sagen, was da problematisch ist: dass nämlich eine Verord­nung von Bundesministerin Rauch-Kallat zur Therapie von Suchterkrankten, zu einer Drogenersatztherapie teilweise in das Gesetz eingeflossen ist, und zwar in Punkten, die in diesem Rahmen, in diesem Vorwort, das noch relativ liberal ausschaut, schon einige Widersprüche aufweisen. Und zwar werden wirkliche Drogentäter und poten­tielle Drogentäter und Therapiepflichtige oder Therapiewillige letztlich überwacht wie Terroristen der Hamas auf Wunsch des Gesundheitsministeriums. Die Zuständigen dort wollen bis zu zwölf personenbezogene Daten, sogar Daten über Behand­lungsarten und -möglichkeiten registriert haben.

Eine Registrierung von Drogenkranken fördert nicht deren Therapiewilligkeit. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Hakl.) Das müssen Sie einsehen! Und das Durchbrechen der Schweigepflicht ohne wirklich manifestes, übergeordnetes, staatliches, gesundheit­liches, strafrechtliches Interesse ist auch problematisch und lässt befürchten, dass sich viele Therapiewillige der Therapie entziehen.

Bezüglich der Tagesdosis sollten Sie wissen, dass die übliche Tagesdosis 1,5 Gramm bei Heroin ist, und ab 3 Gramm bereits drei Jahre Haft möglich sind. Das ist die doppelte Tagesdosis. Glauben Sie wirklich, dass Suchtkranke sich jeden Tag etwas holen gehen und nicht vielleicht eine Dosis für zwei Tage bei sich tragen? Ich befür­worte das nicht, ich beklatsche das nicht, aber das ist die Realität! Und die Leute, mit denen Sie gesprochen haben, haben Ihnen entweder Realitäten vorenthalten oder sie leben selbst auf dem Mond. (Abg. Mag. Hakl: Es gibt aber auch die Nichtsüchtigen!)

Ich glaube, derjenige, bei dem in diesen Gesetzen der Blick auf Sucht als Krankheit irgendwie verschwimmt durch den Glauben, man könnte eine drogenfreie Gesell­schaft – die sich jeder wünscht, aber die noch niemand, kein Staat herstellen konnte! – schaffen, und derjenige, der nicht schaut, dass Begleitkriminalität, Selbstgefährdung und Fremdgefährdung durch Begleiterkrankungen in den Griff zu bekommen sind, liegt falsch. (Abg. Mag. Hakl: Da ist auch der Nichtsüchtige dabei!)

 


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