Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 81

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Herr Vizekanzler, es freut mich, dass Sie heute in die Wohnzimmer der Österreicher kommen, denn heute ist der 6. Dezember, der Nikolaustag: Da schultern Sie also Ihren Sack, kommen mit dem Herrn Staatssekretär als Krampus in unsere Wohnzimmer und schütten einen tollen Finanzausgleich über uns aus. – Mich freut es, dass Sie unsere schönen österreichischen Tradition so hochhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Vizekanzler Molterer und der Herr Staatssekretär Matznetter äußern sich sehr salbungsvoll, wortgewandt und wortreich und beweihräuchern den Finanzausgleich als tollen Wurf. Sie erzählen selbstgefällig über angebliche Unsummen, die sie in den nächsten Jahren vor allem in den kleinen Gemeinden ausschütten werden, aber sie sagen nicht dazu, dass es dazu ja schon allerhöchste Zeit ist, weil die kleinen Gemein­den schon seit Jahren jeden Euro zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nicht nur die kleinen, auch die großen!)

Wir haben eine hervorragende Wirtschaftslage, für die Sie nichts können, aber Sie können etwas dafür, dass Sie keinen politischen Willen zu echten Strukturänderungen und echten Reformen zeigen, und zwar nicht nur im Gesundheits- und Verwaltungs­bereich, sondern – und das ist ein Riesenproblem – auch betreffend das Ungleich­gewicht zwischen den zentral-urbanen Bereichen und dem ländlichen Raum, dem daraus resultierenden demografischen Wandel, der zudem noch durch ständig sinken­de Geburtenzahlen, vor allem bei der eigenen Bevölkerung, verschärft wird. (Abg. Rädler: Zentral-urbanes Dorf!)

Ein vernünftiger, weitsichtiger Finanzausgleich würde diese Problematik berücksich­tigen, wie zum Beispiel die Abwanderung der Jugendlichen aus den ländlichen Räu­men mangels Bildungs- und Ausbildungsangebot, mangels Chancen und Perspektiven, was aber letztlich heißt: mangels vernünftiger Investitionen in diesen Regionen. Und dafür tragen Sie die Verantwortung, Herr Vizekanzler und Herr Staatssekretär! (Ruf bei der ÖVP: Mäßiger Applaus!)

Ein freiheitlicher Ansatz für einen verantwortungsvollen Finanzausgleich würde dem Credo „Chancen schaffen, Heimat stärken“ verpflichtet sein. (Beifall bei der FPÖ.) – Dieser wäre also nicht nur ein Finanzausgleich, ein bloßes Hin- und Herschieben von Geld, sondern auch ein Chancenausgleich. Das ist im Moment überhaupt nicht der Fall, und das zeigt, dass Ihnen die Jugend des ländlichen Raumes weniger wert und weniger wichtig ist als die Jugend in den Städten. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! In der Region Aichfeld-Murboden sind die Eurofighter stationiert. (Abg. Dr. Cap: Oje!) – Die Bevölkerung dort lebt mit den Risken der Lärmbelästigung und der Umweltbelastung, aber weder Rot noch Schwarz haben es der Mühe wert gefunden, als Ausgleich dort auch Chancen anzubieten. Wo sind die mysteriösen Gegengeschäfte für diese Region? Wo sind die Betriebsansiedelungen, die Maßnahmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Chancen auf Bildung und Ausbildung? – Dort nicht; maximal in der Umgebung von Graz!

Das bewirkt dort eine effektive Abwanderung, eine Aushöhlung und Aushungerung dieser Region! Und das nennen Sie einen ausgewogenen Finanzausgleich? – Also dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Schelling: Wenn man alles an den Haaren herbeizieht, ist es leicht, ein Haar in der Suppe zu finden!)

Der Geburtenrückgang tut ein Übriges: Chronologisch gesehen bedeuten immer weni­ger Kinder immer weniger Kindergärten, immer weniger Schulen, ein immer kleineres Angebot an Arbeitskräften und auch an Infrastruktur, was sich bei den Nahversorgern am deutlichsten zeigt. Abwanderung und Geburtenrückgang sind ein tödliches Ge­misch (Abg. Mandak: Deshalb brauchen wir Zuwanderung!): Es entstehen Leerräume, es entsteht ein Vakuum, und das wirkt wie ein Sog auf ausländische Zuwanderer. Es


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite