Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 148

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stützenden Einrichtungen zu schaffen. Aber die Frau Bundesministerin für Justiz macht deutlich, dass das nicht als Gefahr, sondern vielmehr als Chance verstanden werden muss, dass frühzeitig und vor der Gefahr der Wiederholung die Rechte der Opfer auch dadurch gestärkt werden, dass es zu einer Anzeigepflicht kommt. – Das ist also ganz genau zu prüfen, und eine entsprechende Revision und Vereinheitlichung sind der Frau Bundesministerin für Justiz ein großes Anliegen.

Sie hat darüber hinaus gestern einen ganz konkreten Plan zur Verbesserung beste­hender Mängel zur Diskussion gestellt:

Sie setzt sich für eine striktere Anzeigepflicht aller mit Kindern befassten Berufe beim Verdacht auf Gewalt an Kindern ein.

Sie will in der Strafprozessordnung die Möglichkeit schaffen, das Hauptverfahren auf­zuschieben, sofern damit das Kind vor weiterer Gewalt geschützt werden kann. Damit soll Raum für Maßnahmen geschaffen werden, die für eine sofortige und verlässliche Beendigung der Gewalt und, im Falle der Geständigkeit des Beschuldigten, auch für eine rasch einsetzende sozial-therapeutische Einwirkung sorgen. In der ersten Phase ist sicherlich der Schutz des Kindes vor weiterer Gewalt das primäre Ziel. Das Strafverfahren kann, von der notwendigen Sicherung von Beweismitteln abgesehen, zuwarten, soweit dies erforderlich ist, um das Opfer vor einer Fortsetzung der Gewalt und vor Überforderung zu schützen.

Auf gesetzlicher Grundlage soll weiters der Staatsanwalt unter gerichtlicher Kontrolle die Möglichkeit haben, für die Sicherung von Beweismitteln sowie für alle Maßnahmen der Kontrolle des Verdächtigen und der Sicherung des Opfers zu sorgen, die für eine verlässliche Beendigung der Gewaltbeziehung notwendig sind. Dazu zählen etwa Weisungen an den Gefährder, sich vom Wohnort des Opfers fernzuhalten, Kontroll­besuche – die wichtig sind – am Wohnort des Kindes, eine Beschränkung der Gele­genheitsverhältnisse – Kontakte mit Kindern –, die aus der Berufsausübung oder ande­ren regelmäßigen Tätigkeiten des Opfers resultieren. Und es soll auch der Staatsan­walt im Fall der Geständigkeit des Beschuldigten sozialtherapeutische Weisungen erteilen können.

Die Schaffung eines Tatbestands der länger dauernden Gewaltbeziehung – was eine Neuerung ist – ist bereits in Arbeit, im Bereich von qualifizierten Strafdrohungen werden bestimmte Formen der Gewalt an wehrlosen Personen, insbesondere an Kindern, erfasst sein.

Die Strafbestimmung des Quälens oder Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen – der von Ihnen, Herr Klubobmann, angesprochene § 92 StGB – soll aus­gebaut werden, insbesondere durch die Einbeziehung der Misshandlung als Form der Tatbegehung und durch die Ausdehnung des Kreises der Verpflichteten. Dabei sind auch die bestehenden Strafsätze für qualifizierte Begehungsformen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Bei allen großen Staatsanwaltschaften und Gerichten werden Sonderzuständigkeiten für den Bereich der Gewalt an Kindern – allenfalls für Gewalt in der Familie insge­samt – geschaffen.

Zur Unterstützung der Strafjustiz und der Familiengerichtsbarkeit wird die bewährte Einrichtung der Jugendgerichtshilfe zu einer bundesweiten und auch im Erwachsenen­strafrecht verfügbaren psychosozialen Justizhilfe ausgebaut.

Mit einer Novelle zum Richterdienstgesetz – auch das ist wichtig – wird im Rahmen der Regelung der Richterdienstprüfung die Wichtigkeit von Kenntnissen im Bereich der Gewaltprävention unterstrichen und werden damit diese Kenntnisse erweitert.

 


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