Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 176

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Jugendwohlfahrt zustimmen. Eine Forderung, die wir schon wiederholt eingebracht haben, und wir haben auch entsprechende Anträge in den Ländern gestellt. Leider werden die immer wieder abgelehnt. Auch wir sind der Überzeugung, dass es ein ganz wichtiger Punkt wäre, da anzusetzen, bevor etwas passiert und bevor es zu Gewalt gegen Kinder kommt. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Vorwurf, den ich Ihnen im Zusammenhang mit Ihren Anfragen mache, ist der, dass Sie zum Teil völlig unausgereifte Forderungen in den Raum stellen, wie die Forderung nach Veröffentlichung des Namens von sexuellen Straftätern. (Abg. Dr. Graf: Aber das ist ja international schon üblich!) Überlegen Sie sich bitte im Sinne des Opferschutzes: Was heißt es für ein missbrauchtes Mädchen, den Namen seines Vaters als Täter veröffentlicht zu sehen? – Sie strafen damit nicht hauptsächlich den Vater. Sie strafen noch einmal und immer und immer wieder dieses Kind, das schon einmal missbraucht worden ist. Dessen sollten Sie sich bewusst sein. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen werden wir Ihrem zweiten Antrag nicht zustimmen, obwohl er Passagen enthält, die wir durchaus unterstützen, weil er die generelle Anzeigepflicht enthält. (Abg. Dr. Graf: Aber irgendwann wird es ja EU-Richtlinien geben!) Das klingt irrsinnig gut, es geht aber oft einmal am Interesse der Opfer vorbei (Abg. Scheibner: Das spekuliert ja auf den Täter!), das hat meine Vorrednerin bereits ausgeführt. Es ist unter Expertinnen und Experten nicht unumstritten, deswegen ist derzeit die Regelung eine andere. Da hat man hauptsächlich die Opfer im Blickfeld gehabt, die sich vielleicht an die Lehrerin, den Lehrer wenden, zu denen sie Gott sei Dank Vertrauen haben und die dann per Gesetz und unter Strafe verpflichtet wären, sofort Anzeige zu erstatten. Was das für ein Kind heißt, das gerade Vertrauen geschöpft hat, auf die Art und Weise enttäuscht zu werden, diese Überlegungen muss man auch mit hineinnehmen, wenn man solche Forderungen stellt.

Ich mache Ihnen – und auch Ihnen von der FPÖ – den Vorwurf, dass Sie zum Teil Forderungen erheben, die sich irrsinnig gut sozusagen am Biertisch verkaufen lassen. Die Realität ist eine sehr vernetzte. Die Realität ist oft eine sehr komplizierte. Sie merken es, wann immer Kolleginnen und Kollegen herauskommen, die direkt in der Feldarbeit sind, die direkt an den Beratungsstellen arbeiten: Die werden nie diese menschenverachtenden Ausdrücke verwenden – auch für Täter und Täterinnen –, wie Sie sie verwenden. (Abg. Dr. Graf: Die sind ja betriebsblind!) Und warum? – Weil sie sehen, dass immer Geschichten dahinterstehen, dass oft einmal die, die Sie als die ganz schrecklichen Täter anprangern, auch selbst Missbrauchte sind (Abg. Strache: Deshalb ist es so wichtig, mit den Betroffenen Gesetze zu machen!), Menschen, die selbst schwer sexuell missbraucht worden sind in ihrer Kindheit, in ihrer Jugend, die später zu Tätern werden.

Das entschuldigt ihre Tat nicht, und das nützt den Opfern nichts. Aber man muss es mit berücksichtigen und auch mit sehen und hat kein Recht, dann über diese Menschen so zu reden. Es mag eines der Opfer sein, das Sie heute in Schutz nehmen, das irgendwann einmal selbst auch ein Täter werden könnte, und dann würden Sie nicht mehr so reden. (Abg. Strache: Aber bei einer Tat dieser Dimension gibt es nichts zu entschuldigen! Es gibt nichts zu entschuldigen, wenn man sich an Kindern vergreift!) Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Wir werden dem einen Antrag zustimmen, den anderen ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


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