Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 60

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dass Sie als Erste Präsidentin dieses Hohen Hauses dem ORF, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, untersagt haben, eine Parlamentsdebatte zu übertragen; eine Debatte, in der es unter anderem um die Pflege geht, um Petitionen, um die von uns erhobenen Einwendungen gegen die Tagesordnung. Die Opposition nimmt ihr Recht auf eine Einwendungsdebatte wahr – und Sie untersagen die Medienfreiheit in diesem Haus. Das ist ein einmaliger, ein einzigartiger Akt, den wir zutiefst ablehnen!

Sie können mir Ordnungsrufe erteilen, so viele Sie wollen: Wenn es um Medienfreiheit geht, wenn es um Bürgerrechte, um Oppositionsrechte geht, wenn es darum geht, Einwendungsdebatten zu führen, weil wir gegen die Tagesordnung sind, wenn es darum geht, den Menschen ein Informationsrecht zu geben, dann kann ich gar nicht genug Ordnungsrufe bekommen, denn ich werde mich immer gegen eine solche Zensur, die Sie heute hier ausüben, einsetzen, Frau Präsidentin! (Beifall beim BZÖ.)

Kommen wir nun zum Thema selbst! Wir sagen – und das ist der einzige Grund für unsere Einwendungen –: Die Petitionen dürfen nicht als letzter Punkt der Tages­ordnung behandelt werden. Warum? Weil das direkt demokratische Initiativen sind. Schauen Sie sich doch selbst einmal den Bericht an, was darin alles enthalten ist! Es handelt sich um Petitionen gegen Kindesmissbrauch, gegen die Gewalt in der Familie, die von Bürgerinitiativen eingebracht worden sind. Die Petition gegen die Ausweitung der Drogenszene in Innsbruck und Umgebung, überreicht von der Abgeordneten Wurm, ist zum Beispiel dabei. Ihnen ist das wurscht, Sie verhandeln darüber in der Nacht. Das ist ein Begräbnis erster Klasse. (Abg. Mag. Wurm: Wir haben alles dafür getan!)

Eine Petition des Abgeordneten Parnigoni für mehr Sicherheit in Graz ist dabei, ebenso eine Petition der Kärntner für die Erhebung der Muttersprache in Kärnten, eine Petition „Ohne Verbot geht’s auch – ...“, die von 20 000 Bürgern unterschrieben worden ist. – All das wollen Sie einem Begräbnis erster Klasse zuführen, indem Sie diesen Bericht erst zum Schluss, wenn es finster ist, wenn überhaupt niemand mehr da ist, ver­handeln. – Das ist das, was wir kritisieren!

Herr Kollege Cap! In der letzten Legislaturperiode, in den Jahren 2004 und 2005, haben wir Petitionen noch ernst genommen, haben wir Bürgerinitiativen noch ernst genommen. Beispiel: Der Sammelbericht 780 d.B. war im Plenum am 26. Jänner 2005 bei 20 Tagesordnungspunkten an dritter Stelle gereiht. Oder: Plenum am  22. Sep­tember 2004, Tagesordnungspunkt 2: Sammelbericht 561 d.B. Man sieht, wir haben diese Berichte an vorderer Stelle gereiht, weil uns Bürgermitsprache, weil uns Bürger­nitiativen, weil uns direkte Demokratie etwas wert ist. Sie räumen Derartiges nach hinten, es ist Ihnen völlig egal.

Ich komme auch auf das Grundsätzliche zu sprechen, was da in der letzten Präsidiale geschehen ist, Herr Kollege Cap, Frau Kollegin Prammer! Ich bleibe dabei: Das war ein politischer Erpressungsversuch, der da stattgefunden hat! Von Klubobmann Schüssel formuliert, von Josef Cap unterstützt und von der Präsidentin umgesetzt – ein Trium­virat. Es hat geheißen: Machen wir ein Paket! Ihr verzichtet entweder auf die Ein­wendungsdebatte oder ihr unterschreibt, du als Klubobmann unterschreibst, setzt deine Unterschrift unter den Plan der Regierungsparteien zur Ratifizierung des EU-Vertrages. Erst dann, wenn du das unterschrieben hast, bekommst du deine Einwen­dungsdebatte und eine Fernsehübertragung. – Das war es, auf den Punkt gebracht.

Das Ergebnis: dass jetzt die Kameras abgeschaltet worden sind, ist völlig klar. Das Ergebnis: dass wir uns nicht kleinkriegen lassen – wenn die FPÖ umfällt, ist das ihr Problem –, dass wir einen Mechanismus nicht befürworten, der im Husch-Pfusch-Verfahren bereits in wenigen Wochen, beginnend mit 5. Februar, die Ratifizierung dieses EU-Vertrages – ohne Not, ohne Zwang – ermöglicht, ist klar. Dafür sind wir


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