Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 201

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Kritik: Es gibt nicht das Geringste einzuwenden gegen die österreichische Beteiligung an Auslandsmissionen in sinnvoller Art und Weise, und es ist richtig, dass Österreich seit 1960 unter wechselnden Ministern aller Farben – ausgenommen Grün – feder­führend tätig gewesen ist, aber es ist ein Gebot des staatspolitischen Nutzens, dabei nicht mit der Gießkanne vorzugehen, sondern eine Kräfteverteilung nach ökonomi­schen Kriterien vorzunehmen.

Aus diesem Grunde haben wir hier den Beginn eines überbordenden Investitions- und Anstrengungsdrucks festzustellen, der nicht zu den in Österreich vorhandenen Mitteln passt. Österreichs sicherheitspolitischer Vorhof ist nichts anderes als der Balkan. Wir können unsere Kräfte geographisch nicht ins Unendliche ausdehnen, und wir können uns schon gar nicht den Prinzipien oder den Möglichkeiten, die eine militärische „Halb-Großmacht“ wie Frankreich besitzt, annähern.

Damit kommen wir zu folgenden Ableitungen:

Erstens: Ich postuliere, dass der geschätzte Kostenaufwand von 25 Millionen € bei Weitem nicht ausreicht. Die Ausrüstung der Heeres-Kfz Puch G, die dorthin mitge­nommen werden, kostet schon allein, damit sie wüstentauglich sind, pro Stück 60 000 €. Auch die Kosten für die Logistik werden den Rahmen sprengen, und die Personalkosten, die Logistik-, Ausrüstungs- und Umstellungskosten werden diese 25 Millionen selbstverständlich weit, weit übersteigen. (Abg. Dr. Graf: Der Krieg ist immer teuer, fragen Sie ...! Wenn man Krieg führt, ist es immer sehr teuer!)

Zweitens: Herr Bundesminister, Sie haben gestern im Rahmen Ihrer Verabschiedungs­zeremonie Folgendes geäußert:

Darabos versicherte den Soldaten – so steht es in der Zeitung –, die Regierung stehe zu 100 Prozent hinter dem Einsatz, und er kritisierte die Debatte in Österreich, die auf ihrem Rücken polemisiert.

Um das klarzustellen: Die Freiheitliche Partei stand und steht immer, und zwar zu 100 Prozent, hinter den Soldaten, und wir stehen auch zu 100 Prozent hinter den Soldaten, die in den Tschad gehen – daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln! (Beifall bei der FPÖ) –, aber es muss erlaubt sein, die Sinnhaftigkeit dieses politischen Unterfangens und dieser politischen Beschlusslage zu debattieren. Und es steht nirgendwo deren Unumgänglichkeit festgeschrieben und es wäre geradezu ein Akt des politischen Opportunistentums, solchen Dingen uneingeschränkt und ohne kritische Debatte zuzustimmen.

Wir polemisieren nicht, schon gar nicht auf dem Rücken unserer Soldaten, sondern wir stellen das, was zu dieser Sache kritisch anzumerken ist, uneingeschränkt politisch zur Debatte. Ergänzend hiezu sage ich, dass wir hier nicht auf eigene Erfindungen zurückgreifen müssen, denn die aufmerksamen Verfolger der politischen Szenarien konnten ja faktisch jeden Tag in den Zeitungen nachlesen, unter welch nicht erfolg­reichem Beginn – weil die EU-Staaten insgesamt ihre Mitwirkung versagt haben – das Unternehmen von Anfang an gestanden ist.

Selbst heute steht zu lesen, was der Oberkommandierende der Mission, der irische General Nash zu sagen hat:

Die EU-Militärmission im Tschad beginnt ohne eine langfristig ausreichende Zahl an Transporthubschraubern und Soldaten. Das räumte der Oberkommandierende der EU-Truppe, der Ire Patrick Nash am Dienstag in Brüssel ein. Ich hoffe auf zusätzliche Angebote,  steht heute zu lesen. Ein militärisches Unternehmen dieser Art, das auf Hoffnung gestützt ist, ist ein Drama, und zwar vor allem in Bezug auf militärische Planung, die allerdings dem politischen Oktroi unterliegt.

 


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