Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung / Seite 45

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Unter diesen Bedingungen kann eine vielfältige Landwirtschaft entstehen, mit Wald an wenig fruchtbaren Hochflächen und Oberhängen, Waldweide auf sehr steilen Abschnit­ten, Ackerbau an tiefgründigeren Hangschultern, Weide/Mähwiesen auf übrigen Flä­chen. Landwirtschaft kann dadurch aber auch – und das ist das Wichtige – Landschaft gestalten und erzeugt hohe ökologische Vielfalt, um die Existenzgrundlage der bäuerli­chen Familie zu sichern und Nahrungsmittel und Rohstoffe zu erzeugen. – Das sind also Ideen, die heute geboren werden. (Abg. Grillitsch: Öko-soziale Marktwirtschaft – unser Programm!)

Denken Sie zurück an diese kleinen Bauernhöfe, an die kleinen Strukturen in den Ort­schaften, die es früher gab! Das ist genau das Ergebnis dieser Studien. Das empfehlen heute Universitäten. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Liebe Kollegen von der ÖVP, regen Sie sich ein bisschen weniger auf!

Aber was sagt die von Ihnen so hoch gehaltene Landwirtschaftskommissarin Fischer Boel? – Sie sagt: Alles kompletter Unsinn, brauchen wir nicht, wir müssen Landwirt­schaft nur mehr dort machen, wo sie rentabel ist, wo sie mit großen Konzerneinrichtun­gen durchführbar ist. – Und das ist eben genau das Problem, und das sprechen Sie, Herr Minister, im Grünen Bericht nicht an, auf das gehen Sie geflissentlich nicht ein. Ich werde Ihnen genau das Problem bei dieser multifunktionalen Landwirtschaft nennen. Das Hauptproblem liegt in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

Die einfachste und allgemeinste Definition von Multifunktionalität besagt, dass die Landwirtschaft, so wie auch die Forstwirtschaft, gesellschaftlich relevante und er­wünschte Leistungen erbringt, die nicht in der monetären Bewertung des Produktions­ertrages, der so genannten Wertschöpfung, zum Ausdruck kommen und daher nicht von der herkömmlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erfasst werden. – Das ist das Problem, auf das sollten wir eingehen.

Da stellt sich, Herr Minister, Herr Grillitsch, lieber Bauernbund, schon die Frage: Wollen wir uns diesen Vorgaben der EU ergeben – oder wollen wir diese Frage der multifunk­tionalen Landwirtschaft aufgreifen? Wollen wir wirklich alles unter das Diktat der volks­wirtschaftlichen Gesamtrechnung stellen, oder wollen wir uns trennen von diesem Zug, den die EU besteigt? Wollen wir weg von Monokulturen, wollen wir weg von Gentech­nik? Wollen wir hin zu einer Selbstversorgung Österreichs, wollen wir hin zu einer ech­ten österreichischen Kulturlandschaft, oder wollen Sie nach dem Disneyland-Vorbild Amerikas ein Österreich-neu gestalten? – Das sind Fragen, die sehr wesentlich sind.

Etwas ist wirklich auch erfreulich – die schwarze Zensur funktioniert ja nicht überall; sie funktioniert vielleicht beim Bauernbund, und sie funktioniert dort, wo Sie noch auf Mit­glieder zugreifen können und diese auch ausschließen können, Herr Grillitsch, aber sie funktioniert offenbar auch nicht immer im Landwirtschaftsministerium –: Ich habe nicht nur den Grünen Bericht hier, sondern ich habe einen sehr interessanten Bericht hier: „Was brachte der EU-Beitritt der österreichischen Landwirtschaft?“ Da, lieber Herr Mi­nister Pröll, sind Ihre Zahlen wirklich zerpflückt, zerpflückt von vorn bis hinten. Sie schreiben im Grünen Bericht, Österreichs Landwirtschaft hätte 2006 15 Prozent mehr erreicht als im Jahre 2005. – Na schön. Aber vielleicht, Herr Minister, haben Sie auch an der Uni gelernt, dass man die Jahre nicht nur einzeln vergleicht, sondern dass man Zeitreihen anstellt, Zeitreihen über zehn Jahre, 20 Jahre, 30 Jahre. Und dann, Herr Mi­nister, wäre Ihnen nicht entgangen, dass die österreichische Landwirtschaft und die ländliche Bevölkerung unter massiven Einkommenseinbußen leiden müssen.

Folgendes gebe ich Ihnen gerne mit, nämlich einen Vergleich, der sehr interessant ist, einen Vergleich, der auf das Schillingeinkommen 1960 und auf das Euroeinkommen im Jahr 2002 abzielt, in Beträgen ungefähr gleich, nämlich 1 630. Das heißt, wenn das Einkommen vergleichbar wäre, müssten auch die Kosten vergleichbar sein. Das Ein-


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