Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung / Seite 144

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Plattitüde mit dem Prager Telefonbuch. Ich könnte jetzt mit der gleichen Plattitüde kon­tern und aus dem Prager Telefonbuch die Herren Gottwald und Klaus und so weiter heraussuchen. – Es ist ja ganz klar, dass der grenzüberschreitende Bevölkerungsaus­tausch von Nachbarländern mit nahezu gleicher Kultur völlig unerheblich ist! Es ist egal, ob ein Znaimer in Wien Wohnsitz nimmt oder umgekehrt. Das war immer der Fall, das hat aber nichts mit dem zu tun, was in den letzten anderthalb Jahrzehnten stattge­funden hat. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Sie werden mir wohl zugeben, dass ein Unterschied besteht, ob ein Mensch moslemi­scher Überzeugung, der aus einem völlig anderen Kulturkreis kommt und auch nicht vorhat, seine Überzeugung zu ändern – warum bilden Sie sich eigentlich immer ein, dass diese Leute vorhaben, sich zu ändern, wenn es gar nicht zutrifft? –, und das in er­heblicher Anzahl, hier Wohnsitz nimmt oder ob jemand aus Prag, Brünn oder Budapest hierher zuwandert. Da besteht ein erheblicher Unterschied! (Abg. Öllinger: Und was ist, wenn es sich um einen Moslem aus Prag handelt?) Es stimmt nicht, dass Öster­reich in dem Sinn, in dem es jetzt Einwanderungsland geworden ist, schon immer Ein­wanderungsland war! Das ist falsch! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Reaktion, die dann oft kommt, wenn man über dieses Thema gesprochen hat, ist: Es ist halt de facto so, da kann man nichts machen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Vor allem Sie sagen dann immer quasi mit gewissem Jubel: Österreich ist ein Einwanderungsland! – Darauf sage ich: Nein, das stimmt nicht! Man wird nicht ein Einwanderungsland durch Fakten, beziehungsweise wenn die Fakten so sind, dann wurde in dem Land eben schlechte Politik gemacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Man ist nicht aufgrund von Fakten ein Einwanderungsland, sondern man wird ein Ein­wanderungsland durch eine politische Entscheidung, die einer politischen Diskussion folgt. Ein Land ist dann ein Einwanderungsland, wenn es aktiv darum wirbt, dass be­stimmte Personen mit bestimmten Qualifikationen um einen dauerhaften Aufenthalt und um den Erwerb der Staatsbürgerschaft ansuchen. Das ist ein Einwanderungsland! (Beifall bei der FPÖ.)

Hier ist das völlige Gegenteil erfolgt! Es hat keine Diskussion gegeben. Ganz im Ge­genteil! Ich erinnere an die Vorgänge rund um das Volksbegehren 1993: Die Diskus­sion wurde mit allen Mitteln, mit der berühmten Gutmenschenargumentation verhindert, von wegen geistiger Freiheit und Diskussionsvielfalt. Es kam gar nicht zu einer sach­lichen Diskussion. Die Diskussion wurde verhindert, und die Einwanderungswellen er­folgten völlig wahl- und ziellos, je nach der politischen Lage rundum. Das kann man ganz deutlich nachvollziehen. Das halte ich Ihnen entgegen, wenn Sie sagen, wir wa­ren schon immer ein Einwanderungsland.

Vergleichen Sie das mit dem Zeitraum von den sechziger Jahren bis Ende der achtzi­ger Jahre: Zuerst war nahezu nichts, dann kamen Gastarbeiter, die aktiv angeworben wurden. Das war noch ein einigermaßen vernünftiges System. Und ich sage immer wieder: Für die gesamte Wirtschaft war das verträglich, für den österreichischen Arbei­ter war das aber nie verträglich, denn diese Konkurrenz hat dessen Teilhabe am wach­senden Wohlstand verhindert. Nicht umsonst waren die Gewerkschaften zuerst einige Zeit lang gegen die Anwerbungen, und zwar zu Recht. Aber für die Gesamtwirtschaft hat es sich getragen.

Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre hat man aber gesehen, dass es hier zu einem enormen Anstieg kommt. Dabei fragt man sich manchmal schon, ob nicht manche doch gewusst haben, was sie tun. Jedenfalls hat das Gesetz, das aus dem Gastarbeiter einen Einwanderer gemacht hat, das Recht auf Familiennachzug ge­währt, obwohl das nirgendwo angeschafft worden ist und keine internationale Verein­barung das besagt, diesen Prozess noch ungeheuer beschleunigt!

 


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