Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung / Seite 180

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Herr Bundeskanzler, allerdings muss ich schon sagen: Die Regierung Schüssel hat immerhin noch am Ende ihrer Legislaturperiode, im Sommer 2006, eine neue Topogra­fieverordnung erlassen und sozusagen dem Verfassungsgerichtshof entsprechend re­agiert. Nur – und das wissen wir in der Zwischenzeit auch alles ganz genau – hat sich herausgestellt, dass diese neue Topografieverordnung auch nicht verfassungskonform war, weil nämlich – das hat der Verfassungsgerichtshof in der Zwischenzeit durch meh­rere Erlässe festgestellt – mindestens zehn Ortschaften nicht in dieser neuen Topo­grafieverordnung vorkommen. Ich könnte Ihnen diese jetzt aufzählen. Sie haben es ja auch schriftlich vorliegen. Daher bestand da seit mindestens einem Jahr Handlungs­bedarf. Seitdem Sie an der Regierung sind, müsste es jetzt eigentlich wiederum eine neue Verordnung geben, um der Verfassung zu entsprechen.

Herr Bundeskanzler, ich habe Sie gefragt, ob Ihnen das bewusst ist und ob Sie den­ken, dass diese Verordnung jetzt adaptiert werden sollte. Sie haben mir darauf geant­wortet: Wir haben uns bis zum Sommer bemüht, einen verfassungskonformen Vor­schlag auszuarbeiten und einen Konsens zu erreichen, aber leider ist es uns nicht ge­lungen! – Das war es also.

Jetzt mag natürlich sein, dass die Regierung da nicht wirklich Handlungsbedarf sieht und sich auf den Standpunkt zurückzieht: Na ja, wenn der Haider die Verfassung so­wieso nicht einhält, hat es gar keinen Sinn, dass wir Verordnungen und Verordnungen erlassen, denn er stellt ja die zweisprachigen Ortstafeln sowieso nicht auf! Aber dass eine Regierung selbst säumig ist und ihrerseits die Verfassung nicht einhält, das ist ein anderes Problem. Das muss ich Ihnen jetzt leider doch vorwerfen: Hier haben Sie nicht verfassungskonform repariert und sind daher eigentlich auch fahrlässig geworden – oder Sie sind vielleicht zu faul dafür! Ich weiß es nicht, vielleicht gibt es strategische, wahlstrategische Manöver. Vielleicht rechnen Sie sich irgendwas mit der ÖVP oder mit dem BZÖ oder sonst irgendjemandem in Kärnten aus – jedenfalls aber auf dem Rü­cken der Minderheiten! (Beifall bei den Grünen.)

Seit mehr als einem Jahr hat die Regierung eine neue Verordnung nicht erlassen, die einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes hätte Rechnung tragen müssen. Ich habe im „Standard“ vor Weihnachten gelesen, dass die ÖVP sagt: Das ist nicht unsere Sache, das ist Chefsache! Molterer hat das gesagt. Dann hat es in Ihrem Büro oder von Ihrem Sektionschef geheißen: Na ja, wir haben im Moment nicht wirklich etwas vor!

Mir kommt es schon ein bisschen so vor, dass Sie als Bundeskanzler jetzt ein bisschen beleidigt sind, schmollen, weil Ihnen dieser Entwurf bis zum Sommer nicht gelungen ist. Ich glaube, ein Misserfolg kann jedem einmal passieren, aber dass man deswegen die Hände in den Schoß legt, den Kopf sogar in den Sand steckt, das ist wohl nicht not­wendig, das ist nicht wirklich staatstragend. Und ich glaube, die Regierung hat schon eine Verpflichtung, alles zu unternehmen, um den verfassungskonformen Zustand zu garantieren beziehungsweise dort, wo er eben nicht besteht, herzustellen.

Die größte Verantwortung der Bundesregierung in dieser Situation, in dieser Sache be­steht überhaupt darin, zu verhindern, dass so etwas wie ein Lerneffekt entsteht, also dass durch diese Verfehlungen in Kärnten seitens des Landeshauptmannes, wenn da nicht entsprechende Konsequenzen gezogen werden, dann andere auch auf die Idee kommen, dass die Verfassung vielleicht gar nicht so wichtig ist und dass es dann suk­zessive eine Erosion der Verfassung gibt. Da kann ich nur sagen: Diese Verantwortung tragen Sie schon jetzt mit! (Beifall bei den Grünen.)

Daher frage ich Sie jetzt – schriftlich habe ich es schon getan – mündlich noch ein­mal – ich bin froh, dass Sie da sind –: Was ist seit dem Sommer in dieser Frage pas­siert? Was haben Sie in Zukunft vor? – Ich gebe Ihnen jetzt wiederum Multiple-Choice-


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