Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 68

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Und was die Österreichische Volkspartei angeht: Wir sind ja schon an Skandale ge­wöhnt in diesem Land, aber das hat doch eine neue negative Qualität gehabt, was wir in den letzten Wochen erleben mussten, weil ja doch konkrete Vorwürfe gerade in dem so sensiblen Bereich des Innenressorts im Raum stehen, nämlich konkrete Vorwürfe in Richtung Amtsmissbrauch, Korruption, Spitzelwesen. Und diese Vorwürfe kann man nicht einfach ungeklärt im Raum stehen lassen.

Sie von der ÖVP haben seit über 20 Jahren in der Bundesregierung doch auch den Eindruck vermittelt, dass dieses Land für Sie offenbar eine Art Selbstbedienungsladen darstellt, nach dem Prinzip der Erbpacht. Und auch die SPÖ hat in der Vergangenheit so gehandelt. Das muss man schon festhalten, denn dieses Problem nehmen wir seit langen Jahren wahr.

Und nun haben wir in einem der sensibelsten Bereiche Machenschaften aufzuklären – aber Sie sind beleidigt, wenn man das will, und sagen: Pfui Teufel, das ist entsetzlich! Da sind Sie verschnupft, wenn wir berechtigte Anliegen in Richtung Aufklärung haben und unserer Kontrollverantwortung, ja Kontrollverpflichtung nachkommen wollen! Das ist unsere Aufgabe, die Sie heute torpedieren wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wundert sich natürlich jeder Zuseher und Zuhörer, der heute Ihr Regierungsschau­spiel wahrnimmt, denn das zeigt ja, dass wir eine nicht funktionierende Regierung ha­ben. Das ist keine Große Koalition, das ist eine große Kollision  mit großen Streite­reien, großen Belastungen, einem großen Problem nach dem anderen, und mit Folgen, die die Bevölkerung auszubaden hat. Aber wenn es dann um die Einsetzung eines Kontrollorgans geht, eines Untersuchungsausschusses, stellen Sie sich da heraus und sagen: Pfui Teufel, das ist böse!

16 Untersuchungsausschüsse hat es in der Zweiten Republik gegeben. Davon haben neun Sie von der ÖVP beantragt, aber wenn irgendjemand anderer einmal auf die Idee kommt, dieser Kontrollaufgabe nachzukommen, ist der Betreffende böse! Das ist offen­bar Ihre Meinung, das ist Ihr Denkmuster: Alles, was nicht von der ÖVP kommt, alles, was gegen die ÖVP an Kritik vorgebracht wird, ist eine Kritik gegen das Land. Das ist nicht Ihr Eigentum, dieses Land Österreich, das ist Eigentum aller Österreicher – und kein Parteieigentum! (Beifall bei der FPÖ.)

Da haben wir eine Verpflichtung, der wir heute hier nachkommen, und da brauchen Sie weder beleidigt noch verschnupft sein, dass das Parlament es heute wagt – ja: „wagt“! –, seiner parlamentarischen Aufgabe und Verpflichtung nachzukommen. Darum geht es, und genau das werden wir tun!

Aber wir haben es ja erlebt: Da hat Herr Vizekanzler Molterer, gleich nachdem der Untersuchungsausschuss im Raum stand, sofort wieder einmal laut darüber nachge­dacht und gesagt: Pfui Teufel! Wenn die Demokratie nicht das tut, was die ÖVP will, dann schaffen wir sie halt ab. Denken wir wieder einmal mehr über das Mehrheitswahl­recht nach. – Das ist dann sozusagen die Waffe, die da eingesetzt wird. Wenn etwas gegen die ÖVP in demokratischer Weise durchgesetzt werden kann, dann überlegt man gleich, wie man das in Zukunft verhindern kann.

Mehrheitswahlrecht: Da sind Sie ja genauso ein demokratiepolitischer Geisterfahrer in Österreich, der nach dem Muster handelt: Wär’ doch schön, wenn wir als 35 Prozent-Partei im Land, als kleine Minderheit, absolut über die Mehrheit regieren und drüber­fahren könnten. Das ist das Muster, das entspricht genau Ihrem Denken, und deshalb muss das auch kritisiert werden.

Aber ich sage auch ganz offen dazu: Der Weg der Sozialdemokratie, die heute auch schon offen erklärt hat, zuzustimmen, ist ein Weg in die richtige Richtung, nur wird es mit der Zustimmung allein nicht getan sein. Sie haben ja auch den ersten beiden Unter-


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