Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung / Seite 61

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Österreich ist aus verschiedenen Gründen seit Beginn der Regierungen Schüssel deut­lich unsicherer geworden. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) Das hat vor allem aber einen Grund – wir werden das im Untersuchungsausschuss sehr genau untersu­chen müssen –: Die Qualität der kriminalpolizeilichen Arbeit hat in den letzten acht Jah­ren in einem Maße gelitten, wie es im ganzen sonstigen Europa nicht beobachtbar war.

Wenn Sie die Nachbarländer anschauen, insbesondere die Schweiz und Bayern, so sehen Sie, es deuten alle Zahlen in eine völlig andere Richtung als in Österreich. Das Ganze hat einen Grund, und der Grund heißt: Parteibuchwirtschaft im Innenministe­rium.

Mit seinem Amtsantritt hat der erste ÖVP-Innenminister – und der dritte, der nach wie vor hinter mir sitzt, macht es nicht anders; auch das wird im Untersuchungsausschuss zur Sprache kommen – alles darangesetzt, das Ministerium zu einem Instrument seiner Partei, und nichts darangesetzt, das Ministerium zu einem Instrument der Verbre­chensbekämpfung zu machen. Die Strukturen, die am meisten gelitten haben unter den „Säuberungen“ und Zerschlagungen von Innenminister Strasser bis Innenminister Platter, waren jene der Kriminalpolizei in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Salz­burg und Tirol. Das waren die fünf hauptbetroffenen Bereiche der Kriminalpolizei.

Es ist kein Zufall, dass nicht nur im Fall Kampusch, sondern auch im Fall Hornga­cher – ich glaube, es wird noch weitere große Fälle geben – systematisch große Auf­klärungsfehler vertuscht wurden, und zwar von der Ressortspitze weg. Man wollte nicht, dass die Menschen in Österreich erfahren, wie schlecht die kriminalpolizeiliche Aufklärung bereits geworden ist, wie schwierig die Arbeitsbedingungen sind, unter de­nen Kriminalpolizisten arbeiten müssen, wie schwer es ihnen ÖVP-Minister bei ihrer täglichen Arbeit vor Ort machen, Verbrechen zu bekämpfen und Verbrechen aufzuklä­ren.

Das ist die entscheidende Bilanz von Kriminalstatistiken, die noch dazu zum Teil nichts mehr mit der Realität zu tun haben und von Ministern, ihren Büros und ihren politischen Beamten umgeschrieben und umgedeutet worden sind.

Das, was heute hier vorliegt, sind nicht die richtigen Zahlen über die Kriminalität in Ös­terreich. Wir werden im Untersuchungsausschuss erfahrene Kriminalbeamte und -be­amtinnen auch dazu befragen. Ich befürchte, dass sich ein völlig anderes Bild von der Kriminalitätsentwicklung und von den Erfolgen und Misserfolgen der Kriminalitätsbe­kämpfung ergeben wird.

Meine Damen und Herren, wenn wir in der nächsten Zeit, in den nächsten Monaten, die schweren Versäumnisse und das schwere Fehlverhalten und den großen politi­schen Missbrauch seitens der ÖVP im Innenministerium aufklären müssen, dann hat das auch einen Sinn, nämlich: einen Neustart nicht der Bundesregierung, sondern der Kriminalpolizei zu ermöglichen.

Die Beamten und Beamtinnen brauchen Strukturen, brauchen Ressourcen, brauchen aber vor allem eine Ressortführung, die nicht auf das Parteibuch, sondern auf Qualifi­kation und auf das Ziel Sicherheit, Prävention und Verbrechensbekämpfung setzt. Und dazu brauchen wir eine neue politische Kultur im Innenministerium und selbstverständ­lich einen neuen Innenminister, von dem zumindest eine Voraussetzung heute bereits gilt, nämlich: Er darf nicht der Österreichischen Volkspartei angehören! Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Ing. Westenthaler zu Wort. Gewünschte Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


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