Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung / Seite 203

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chisch unter Druck zu setzen. Es gab Vorkommnisse, wo Frauen in andere Räume „umgeleitet“ und dort mit Propaganda bombardiert wurden.

Also es herrschen hier Zustände, die jeglicher Beschreibung spotten, und das in einer Situation, die für die Frauen belastend genug ist – und im Übrigen auch belastend ge­nug für das Personal, das in diesen Kliniken arbeitet. Wie kommen Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter einer Klinik dazu, sich täglich durch eine Phalanx an radikalen Agiteuren und Agiteurinnen durcharbeiten zu müssen? Einmal ganz abgesehen davon, dass auch die Heilungschancen bei so einem medizinischen Eingriff und die Arbeitsbedin­gungen für das Personal absolut unzumutbar sind.

Wir haben daher einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, den ich für relativ praktikabel und auch hoffentlich im Konsens beschließbar halte und der sich am französischen Beispiel orientiert. In Frankreich gab es dasselbe Problem mit sehr radikalen Gegnern direkt vor Kliniken. In Frankreich wurde ein Gesetz beschlossen, das sofortige Wirkung hatte und was auch wir vorschlagen, nämlich dass unter Strafe gestellt werden soll, wer einen unangemessenen Druck moralischer, psychischer oder körperlicher Art aus­übt auf eine Frau, die eine Abtreibung in der gesetzlichen Frist machen lassen möchte.

Den „unangemessenen Druck“ haben wir auch relativ klar definiert, nämlich: Wer die betroffene Frau gegen ihren Willen beharrlich und nachdrücklich anspricht, versucht, ihr den Zugang zu verwehren, oder versucht, ihr Gegenstände gegen ihren Willen auf­zudrängen.

Ich glaube also, das ist relativ praktikabel gemacht, und wir kommen da in keinerlei Konflikt mit der Versammlungsfreiheit, die weiterhin gegeben ist. Demonstrationen sind weiterhin natürlich zulässig. Aber es geht nicht an, dass man Menschen den Zutritt zu einer Klinik, zu einer Arztpraxis verwehrt. Und wenn diese Menschen Frauen sind, ha­ben sie erst recht unsere Solidarität verdient. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

19.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Stadlbauer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.49.46

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin den Grünen sehr dankbar für diesen Antrag, zeigt er doch wieder ein Problem auf, das der SPÖ und auch mir persönlich ein wirkliches Anliegen ist. Es geht eben um diesen Psy­choterror, der ausgeübt wird vor Kliniken, wo Frauen zu einem Schwangerschaftsab­bruch hinkommen. Ich glaube, dass wir das regeln müssen. Es ist allerdings die Frage, wie wir das regeln, denn da gibt es verschiedenste Möglichkeiten.

Eine Möglichkeit wäre das, was Kollegin Weinzinger gerade gesagt hat, das im Straf­recht zu verankern – das ist das französische Modell. Übrigens, zur Information an die hier Anwesenden: Was mir an diesem Modell sehr gut gefällt, ist, wie es zustande ge­kommen ist. Damals hat sich nämlich die gesamte Zivilgesellschaft in Frankreich zu­sammengetan, inklusive der katholischen Kirche, weil es geheißen hat, es kann nicht sein, dass es einen Kampf auf der Straße zu Lasten der Betroffenen gibt. Mit der ka­tholischen Kirche wurde dann eben dieses Gesetz gemacht.

Ich glaube aber, dass wir in Österreich auch andere Möglichkeiten haben, wie zum Bei­spiel die, dass wir das im Sicherheitspolizeigesetz verankern. Das würde viel schneller gehen; da müssten die Frauen dann keine Anzeige machen, da müsste man nicht war­ten auf Urteilssprüche. Das wollten wir auch bei der Novelle des Sicherheitspolizeige­setzes. Leider ist die ÖVP da noch nicht mitgegangen. Ich sage „noch nicht“, weil wir


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