Und jetzt sage ich Ihnen auch etwas sehr Persönliches. Meine Eltern haben mir viel erzählt über die Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg, auch die meines Vaters. Ich habe meinen Söhnen erzählt, wie ich das erste Mal in Ostberlin gewesen bin und das erste Mal Prag besucht habe, im Jahre 1975. – Herr Kollege Strache, fällt Ihnen da nicht etwas auf? Dass Europa diesen Kontinent verändert hat, zum Positiven verändert hat? (Abg. Strache: Aber was hat das mit dem Verfassungsvertrag zu tun?) Es ist Frieden auf diesem Kontinent, Herr Kollege Strache, und meine Kinder, meine beiden Söhne, können heute ganz selbstverständlich nach Prag fahren, nach Bratislava, und die dortigen Menschen haben Freiheit gewonnen. Herr Kollege Strache, wollen Sie denn das wieder zurückdrehen? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Was hat das damit zu tun, dass wir die österreichische Verfassung zu Grabe tragen?!)
Wir sind in diese Volksabstimmung hineingegangen mit vier großen Fragen, das stimmt. (Abg. Strache: Was hat das mit dem Verfassungsvertrag zu tun?) – Hören Sie bitte zu! Ich habe aufmerksam auch Ihrer Rede zugehört und habe nicht dazwischengerufen. Wer laut schreit, hat wenig Argumente. (Abg. Strache: Deshalb nehmen Sie der Bevölkerung das Stimmrecht!)
Herr Kollege Strache, wir haben gesagt, wir wollen, dass Europa den Weg des Friedens geht. Und ich kann Ihnen sagen, wir haben in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten in Europa etwas weitergebracht. Fällt Ihnen das nicht auf?
Frau Kollegin Rosenkranz, Sie stellen sich hier heraus und sagen, wir haben in Österreich keine kriegerische Auseinandersetzung gehabt. – Ja, das stimmt, aber das reicht mir doch nicht! Ist denn nicht auch für Sie wichtig, dass auf dem Balkan Frieden herrscht? Ist es denn nicht auch für Sie wichtig, dass in ganz Europa Frieden herrscht? Ist es denn nicht auch für Sie wichtig, zu erkennen, dass die Europäische Union die Wiedervereinigung Europas ermöglicht hat? Ist es denn nicht auch für Sie wichtig, dass der europäische Einigungsgedanke den Kommunismus überwunden hat?
Negieren Sie das, schieben Sie das einfach auf die Seite? (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Die zweite Perspektive, die wir geboten haben: Wohlstand. – Ja, diese europäische Einigung trägt zu mehr Wohlstand in Europa bei, auch in Österreich. Aber wenn wir wollen, dass die Klüfte in Europa zusammengehen, dass die Menschen nicht wandern müssen, nicht weggehen müssen aus ihrer Heimat, dann müssen wir doch danach trachten, dass der Wohlstand insgesamt steigt, und das ist unsere Verantwortung auch als reiches Land, Herr Kollege Strache. Wenn Sie rot-weiß-rot so definieren, dass Sie nicht mehr über den Tellerrand blicken wollen, dann schaden Sie Österreich! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Rot-weiß-rot war immer europäisch, meine Damen und Herren!
Wenn Sie – beispielsweise – die Sicherheit ansprechen, dann reicht es mir nicht zu sagen, in Österreich sind wir eine „Insel der Seligen“ – was ja übrigens nicht mehr stimmt (Abg. Strache: Da haben Sie recht! Das haben Sie geschafft!) –, sondern ich möchte Sicherheit auf diesem Kontinent haben. Nur dann, wenn wir in Europa Sicherheit haben, kann Österreich sicher leben. Daher ist Sicherheit kein rot-weiß-rotes Anliegen alleine, sondern eine europäische Perspektive.
Wenn Sie davon sprechen, dass Österreich sich selbst genügt, dann frage ich Sie: Kann Österreich in der Lage sein, etwa mit der internationalen Finanzmarktkrise jetzt alleine fertig zu werden? Kann Österreich denn überhaupt den Giganten der Welt alleine standhalten? – Nein, wir brauchen mehr! Wir müssen dieses Lebensmodell, diese
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