Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 162

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dazu liefert, dass längst überfällige Reformen in der Europäischen Union wie geplant mit 1. Jänner nächsten Jahres in Kraft treten können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Als heutige Justizministerin möchte ich im Speziellen drei Aspekte besonders hervor­heben. Das ist zum einen die enorme Aufwertung, die die polizeiliche und justizielle Zu­sammenarbeit in Europa durch diesen Vertrag erfährt. Zum Zweiten – und das wurde erfreulicherweise schon oft betont –: Wir werden mit der Grundrechtscharta in der EU einen Rechtsraum schaffen, der über den weltweit modernsten Grundrechtskatalog verfügt, und wir werden – auch das möchte ich besonders betonen – durch die Entrüm­pelung der Verfahren, durch die Entrümpelung der Handlungsinstrumente der Union eine wesentlich transparentere, eine wesentlich einfachere Beschlussfassungspraxis auf der Ebene der Europäischen Union entwickeln.

Zum Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit: Europäische Mei­nungsumfragen zeigen uns, dass sich die europäischen Bürgerinnen und Bürger insbe­sondere auf den Gebieten der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von der Europäi­schen Union einen tatsächlichen Mehrwert erwarten, dass sie auf diesen Gebieten spezielle Fortschritte erwarten. Tatsache ist, dass nach geltender Rechtslage der Euro­päischen Union der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts eher ein Mauer­blümchendasein führt, als dritte Säule in der jetzigen Struktur der Union nur eine nach­geordnete Bedeutung hat, die der Realität und der Praxis des Binnenmarktes heute nicht mehr gerecht wird. Der Binnenmarkt ist ein Erfolgsprojekt, es werden grenzüber­schreitend Produkte ausgetauscht und gekauft, es werden grenzüberschreitend Dienst­leistungen erbracht. Das führt in immer stärkerem Ausmaß natürlich auch dazu, dass sich die Unternehmer und die Konsumenten darauf verlassen wollen, dass sie in einer rechtlich gesicherten Situation sind, dass sie auch wissen, welches Gericht im Notfall dafür zuständig wird.

Der Binnenmarkt wird von den Menschen auch gelebt, es wird zunehmend grenzüber­schreitend geheiratet, geschieden, gestorben, vererbt. Das heißt, wir brauchen auch hier die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen, um dieser Entwicklung und den Erwartungen der Bürger Rechnung tragen zu können. Und diese Rahmenbedin­gungen bekommen wir zum ersten Mal jetzt mit diesem Vertrag.

Es werden erstmals auch die gemeinsamen Einrichtungen, die wir auf diesem Gebiet geschaffen haben, wie EUROPOL, EUROJUST, mit der Ermöglichung einer Weiterent­wicklung in Richtung Europäische Staatsanwaltschaft in diesem Vertrag vorgesehen, und auch das ist insbesondere für ein mittleres Land wie Österreich von großer Bedeu­tung, dass wir hier über diese gemeinsamen Institutionen zusätzliche Unterstützung haben.

Auf dem Sektor der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit wird es zum größten Demokratisierungsschub kommen. Es handelt sich hiebei um ein besonders grund­rechtssensibles Gebiet, wo bisher die Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parla­ments besonders eingeschränkt waren. Das wird jetzt aufgehoben, wir haben in diesen Bereichen in Zukunft Mitentscheidungsrechte, Gleichberechtigung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament, und wir werden auch hier die volle Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes haben.

Mir ist aber auch klar geworden, als ich die Demonstrationen in Österreich verfolgt ha­be, dass nicht alle eine große Freue damit haben, dass der Arm der Justiz länger und stärker wird. Ich kann mich daran erinnern, dass bei Demonstrationen Transparente zu sehen waren, wo Freiheit für Honsik gefordert wurde. Sie alle wissen, dass Herr Honsik


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