Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 169

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15.28.26

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! 1994 – ich glaube, es war November – hatten wir hier im Hohen Haus die Abstimmung über den Beitritt zur Europäischen Union. Ich war damals eine der we­nigen, die dagegen stimmten und die dem Beitritt Österreichs zur EU sehr, sehr kritisch gegenübergestanden sind. Heute, 14 Jahre später, werde ich hier ein kritisches Ja zu diesem Reformvertrag von Lissabon sagen, sehr wohl eingedenk dessen, dass meine Bedenken von damals auch heute noch Gültigkeit haben.

Welche Bedenken waren es? – Es waren demokratiepolitische Bedenken. Wir haben durch den Vertrag von Lissabon hier, das muss ich zugeben, einige bemerkenswerte Verbesserungen. Es waren damals Bedenken, dass es keine Grundrechte gab. Jetzt werden Grundrechte verankert.

Nur, meine Damen und Herren: Diese Grundrechte umfassen unseres Erachtens, aus grüner Perspektive, noch zu wenig. Es gibt zu wenig Sozialgehalt bei den Grundrech­ten, und die Grundrechte haben eine zu geringe umweltpolitische Dimension. Deswe­gen waren wir auch so sehr darauf bedacht, dass wir in dem gemeinsamen Entschlie­ßungsantrag auch die Weiterentwicklung der Grundrechtecharta verankert haben, dass wir uns als österreichische Parlamentarier dazu verpflichten, im Sinne eines optimalen Grundrechtsschutzes in allen Bereichen hier weiter am Werk zu sein und diesen we­sentlichen Rechtskatalog weiterzuentwickeln.

Damals war mein Nein zur EU auch ein Signal dafür, dass die Atompolitik, die Energie­politik der EU falsch ist. Das ist sie leider heute noch immer. Wir sind nach wie vor Mit­glied des Euratom-Vertrages, und wir haben nach wie vor innerhalb der EU kaum eine Chance, diesen energiepolitischen Kurs zu ändern und gegen die atomare Weiterent­wicklung, sprich Schneller Brüter, ein Veto einzulegen. De jure ist die Möglichkeit vor­handen, praktisch wird sie nicht wahrgenommen. Damals war es ein Grund, dagegen zu sein, heute ist es zum Teil auch noch immer berechtigt als Kritik von linker kritischer Seite.

Damals war meine Haltung auch ein Signal dafür, dass der Transitvertrag, den Öster­reich angesichts des Beitritts ausgehandelt hat, miserabel war und ersatzlos gestrichen werden wird. Es ist so gewesen! Es hat sich bestätigt, die Ökopunkteregelung war schlecht, die Zahl der Fahrten hat sich erhöht, und heute stehen wir transit- und ver­kehrspolitisch wirklich vor einem Desaster, aber nicht nur in Tirol, sondern auch im Um­feld von Wien, auch in dem Bereich, wo es Ost-West-Verkehr im großen Ausmaß gibt. Die EU hat verkehrspolitisch in die falsche Richtung gesteuert. Bei der Wegekosten­richtlinie haben wir noch immer nicht die Berücksichtigung der externen Kosten. Hier muss es zu deutlichen Veränderungen kommen.

Jetzt komme ich zu den österreichischen Hausaufgaben, die schon mein Vorredner an­gesprochen hat. Diese Bundesregierung hat auf EU-Ebene Nachholbedarf, Nachholbe­darf in verschiedenen Bereichen. Und da ich hier die Verkehrspolitik näher behandle, möchte ich noch einmal herausstreichen: Es hat keine österreichische Initiative unter der slowenischen Präsidentschaft gegeben, endlich die Verbesserung der Wegekos­tenrichtlinie auf die Agenda zu setzen. Es hat keine österreichische Initiative gegeben, eine Transitbörse zu installieren, als Möglichkeit, die LKW-Fahrten zu reduzieren und umweltverträglicher zu gestalten, um der Bevölkerung wieder eine Hoffnung zu geben auf weniger Lärm, weniger Abgase, mehr Klimaschutz, mehr Umweltschutz und mehr Grundrechte. (Beifall bei den Grünen.)

 


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