Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 48

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich stelle noch fest, dass der vorhin von der Frau Abgeordneten Lichtenecker eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unter­stützt ist, entsprechend eingebracht wurde und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kogler, Freundinnen und Freunde betreffend För­derung von Ein-Personen-Unternehmen (EPU)

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirt­schaft 2006/07 (499 d.B.)

Seit geraumer Zeit befindet sich die Arbeitswelt in einem rasanten Wandel. Die Gren­zen zwischen abhängiger Lohnarbeit und selbstständiger Erwerbsarbeit sind fließend, neue Erwerbsformen treten zunehmend an die Stelle klassischer Normalarbeits­verhältnisse und traditioneller UnternehmerInnenkarrieren. Immer öfter sind Berufs­biografien von einem mehrmaligen Wechsel zwischen Selbstständigkeit und Unselbst­ständigkeit oder auch einer gleichzeitigen Ausübung beider Rechtsformen (»Patch­working«) geprägt. Zwischen den beiden traditionellen sozialpartnerschaftlichen Lagern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in den letzten Jahren ein immer größer wer­dendes Segment sogenannter »Ein-Personen-Unternehmen« (EPU) entstanden, die ohne MitarbeiterInnen und MitgesellschafterInnen tätig sind und deren wesentliches, oft einziges Kapital aus ihrer Kreativität, ihrer Flexibilität und Innovationsbereitschaft sowie aus ihrer persönlichen Arbeitskraft besteht (»Arbeitskraft-UnternehmerInnen«). Die Bedürfnisse dieser Menschen, die sich zwar als Selbstständige, jedoch nicht immer als klassische, hauptsächlich von betriebswirtschaftlichen Motiven geleitete Unterneh­merInnen empfinden, werden von der Bundesregierung nicht ausreichend wahrge­nommen. Auch Arbeiterkammer und Gewerkschaften fühlen sich für diese Gruppe nicht zuständig, da es sich um Selbstständige handelt. Und die Wirtschaftskammer öffnet sich nur zaghaft den Anliegen dieses immer größer werdenden Teils der Unter­nehmerInnenschaft.

Nach wie vor werden, wie am Beispiel des Berichts des Wirtschaftsministers zur „Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07“ besonders deutlich sichtbar wird, Ein-Personen-Unternehmen nicht als eine der tragenden Säulen der österreichischen Wirtschaft, sondern vielmehr als „Noch-nicht-Unternehmen“ behandelt, denen geholfen werden muss, damit auch sie mög­lichst bald zu „richtigen Unternehmen“ werden. Obwohl bereits die Mehrheit der Mitglieder der Wirtschaftskammer Ein-Personen-UnternehmerInnen sind und viele von ihnen diese Unternehmensform bewusst gewählt haben, wird der Lebensentwurf dieser selbstständig Berufstätigen von ihrer Standesvertretung nicht adäquat anerkannt und ihr Interessen sowohl inhaltlich als auch institutionell nicht ausreichend vertreten.

Allein die Dynamik der Entwicklung zeigt den großen Handlungsbedarf. Der viel gerühmte „Gründungsboom“ der letzten Jahre hat praktisch zur Gänze im Bereich der nicht-protokollierten Einzelunternehmen stattgefunden. Während die Einzelfirmen zu Beginn der neunziger Jahre noch einen Neugründer-Anteil von etwa zwei Drittel hatten, ist dieser Anteil in der Zwischenzeit auf über 80 Prozent angestiegen. Der noch immer gebräuchliche Begriff der „kleinen und mittleren Unternehmen“ (KMU) ist vollkommen ungeeignet, diesen immer bedeutender werdenden Teil der österreichischen Wirtschaft


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite