Auf der anderen Seite ist kaum noch auf den zweiten der unter einem zu verhandelnden Punkte, nämlich eine Vereinbarung über den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum EWR, eingegangen worden. Wenn man so will, ist das ein Nachziehverfahren zum EU-Beitritt der angesprochenen Länder. Ganz unerwähnt sollte man das nach dem gestrigen Tag nicht lassen.
Jetzt sind für mich hier zwei Punkte entscheidend. (Beifall bei den Grünen.) – Es ist eben schön, wenn man in einer so aufmerksamen Fraktion aufgehoben ist. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich wende mich ja immer nur traditionell der ÖVP zu, wahrscheinlich auch deshalb.
Erstens: Korruptionsbekämpfung – das ist selbst aus der Perspektive der Wirtschaft nicht ganz unerheblich, auch was die Investitionssicherheit betrifft. Wir machen immer unsere Investitionsschutz-Abkommen, aber in Wirklichkeit greifen diese bei weitem nicht so sehr, wie es sein könnte, wenn dort einmal andere Zustände herrschen würden.
Aber da braucht man nicht zu schimpfen und den Zeigefinger zu heben, und zwar aus zwei Gründen. Erstens könnten wir diese Länder besser unterstützen. Das haben wir bei der Slowakei bewiesen, da hat Österreich einen Beitrag beim Installieren dieser Strukturen geleistet. Das fehlt hier meines Erachtens, da gibt es zu viel vom Zeigefinger. Zweitens wird uns auch der Zeigefinger immer kürzer werden müssen, weil ja Österreich in Sachen Korruptionsbekämpfung und ähnlich gelagerten Themen selbst an Terrain verliert; sagen wir es einmal so. Man sieht also, es gibt da durchaus innen-, außen- und wirtschaftspolitische Zusammenhänge.
Letzter Punkt: Natürlich geht es um den gemeinsamen Europäischen Wirtschaftsraum, aber auf die Dauer und im Durchschnitt wird es uns schon zu interessieren haben, wie sich die sogenannten ehemaligen östlichen und mitteleuropäischen Staaten wirtschaftspolitisch verhalten, denn es kann nicht so sein, dass wir das viel beschworene europäische Sozialmodell und damit auch die mehr oder weniger ähnlichen sozialstaatlichen Strukturen in den EU-15 – oder jedenfalls in ein paar Ländern davon – auch deshalb gefährdet sehen müssen, weil dort eine Doppelstrategie verfolgt wird: dass man zwar einerseits am besten keine Steuern mehr einhebt, andererseits relativ günstige Investitionsbestimmungen schafft und drittens auch noch zehn bis fünfzehn Jahre lang auf die EU-Förderungen zugreifen kann.
Ich möchte hier kein chauvinistisches Argument vorbringen, aber man muss sich da auch den Förder-Mix anschauen; und zwar nicht deswegen, weil wir nichts hergeben wollen – im Gegenteil! –, sondern deshalb, weil es um eine Gesamtentwicklung des Wirtschaftsraums geht, noch dazu dann, wenn der Titel dieses Tagesordnungspunktes „Beitritt zum EWR-Raum“ lautet. Also: Schluss mit dem Steuerdumping! Das ist im Verhältnis zu diesen Ländern wichtig. Und vor allem auch: Schluss mit der Perspektive, dass man glaubt, ein Land allein kann arbeitsmarkt- und sozialpolitisch noch etwas ausrichten!
Das ist ja der Konstruktionsfehler der Union in der Sozialpolitik, dass alle finanz- und wirtschaftspolitischen Dinge, die von Relevanz und von großem Einfluss sind, teilweise zentral durchgeschaltet werden, aber auf anderen Gebieten die Länder sozusagen dazu aufgerufen werden – was ich ja fast für scheinheilig empfinde –: Tut etwas, das ist nationale Kompetenz!, zum Beispiel in der Sozialpolitik, und in Wirklichkeit wird damit nichts anderes getan, als dass ein Wettlauf nach unten angezündet wird.
Dagegen muss man auftreten! Denn sonst werden wir diese Dinge, die wir hier gestern beklagt haben – anlässlich eines erfreulichen Anlasses wie der Befürwortung des Re-
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite