Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 117

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14.20.53

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich beziehe meine Stellungnahme auf den Antrag 555/A des Kollegen Öllinger betreffend Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Sie wissen mittlerweile schon, es geht um die Zeiten jenes Kriegsdienstes, der bei verbrecherischen Organisationen abgeleistet worden ist. Verbrecherische Organi­sationen sind solche, die vom Internationalen Militärgerichtshof als solche verurteilt worden sind: Korps der politischen Leiter der NSDAP, die Gestapo, der Sicher­heitsdienst sowie die SS. Diese Regelung, dass eine verbrecherische Organisation als solche definiert wurde, kam deshalb zustande, weil die Zahl der Täter so umfangreich war, dass Einzelprozesse organisatorisch nicht möglich waren. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt, den Sie aber offenbar übersehen haben: Der Antrag impliziert ebenfalls, dass individuelle Verurteilungen als Kriegsverbrecher ein Grund sind, der den Anspruch auf Ersatzzeiten verwirkt, auch individuelle Täterschaft. – Darauf ist niemand von Ihnen eingegangen.

Meine Damen und Herren! Das geltende österreichische Pensionsrecht sieht vor, und das seit Jahrzehnten, dass Menschen, die individuell oder als Angehörige einer ver­brecherischen Organisation Kriegsverbrechen verübt haben, in letzter Konsequenz für das Ausüben von Kriegsverbrechen einen Pensionsanspruch erworben haben. Das ist österreichische Rechtslage!

Und wir Grünen sagen, das ist nicht in Ordnung und muss geändert werden. Und ich kann einfach nicht verstehen, warum alle anderen Parteien im Parlament das anders sehen. (Beifall bei den Grünen.) Es ist das geltende Recht, das es ermöglicht, dass für das Verüben von Kriegsverbrechen ein Pensionsanspruch entsteht. (Abg. Kickl: Schlichtweg falsch!)

Herr Abgeordneter Spindelberger! Herr Abgeordneter Keck! Wenn Sie von reiner Symbolik sprechen, oder wenn Herr Abgeordneter Amat (Abg. Steibl: Amon!) – ich sagte Amon – von totem Recht ... (Abg. Grillitsch: Nicht Amor, sondern Amon! – Heiterkeit.) – Schön, dass Sie solche Sorgen haben.

Die FPÖ, Abgeordneter Kickl kommt mit den unschuldigen Sekretärinnen, und auch Abgeordneter Amon spricht von unzulässiger Kollektivierung. Dann wundert es mich aber, dass Sie offensichtlich die Details der Nürnberger Urteile nicht kennen, obwohl sich Herr Abgeordneter Haimbuchner immer so dessen rühmt, wie detailliert er sich im Nationalsozialismus auskennt.

Explizit nehmen die Nürnberger Urteile nämlich Angehörige der Gestapo und des Sicherheitsdienstes, die mit reinen Büroarbeiten, Pförtnerdiensten und Ähnlichem beschäftigt waren, von den Urteilen aus. Und das Gleiche gilt übrigens für zwangs­weise Eingezogene, denn auch diese Debatte hatten wir im Ausschuss.

Meine Damen und Herren! Es ist nur symbolisch, es ist nur totes Recht? – Mehr haben Sie als Rechtfertigung für dieses Abstimmungsverhalten nicht zu bieten? Mehr können Sie der Tatsache, dass wir eine Rechtslage haben, die es ermöglicht, für das Verüben von Kriegsverbrechen einen Pensionsanspruch zu erwerben, nicht entgegenhalten? Mehr haben Sie da nicht?

Ich frage mich schon: Wofür veranstalten wir Gedenkfeiern, Gedenksitzungen, Gedenkjahre? Wir ehren Opfer und Widerstandskämpfer. Und dann? – Dann finden Sie es nicht nötig, ein klares Wort in dieser Sache zu sprechen? Ich weiß, was die FPÖ angeht, da brauche ich nicht zu reden, das ist klar, Sie sind lern- und bildungsresistent.

 


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