Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 77

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jetzt seit Monaten, ja sogar schon Jahren! Es war das BZÖ, das vor eineinhalb Jahren intensiv begonnen hat, mit Dringlichen Anfragen, mit Aktionen hier im Parlament, mit Anträgen, mit Gesetzes- und Initiativanträgen auf dieses Thema aufmerksam zu machen, das Thema bewusst zu machen.

Es hat nicht des Falls Fritzl allein bedurft, um einmal darüber nachzudenken, wo wir ansetzen sollten, und das ist unsere Kritik. Wir haben den Fall Kampusch oder den Fall Priklopil, wenn man ihn so nennen will, gehabt, wo wir diskutiert haben: Ist es richtig, dass der Peiniger von Natascha Kampusch, hätte er überlebt, maximal zehn Jahre Haft als Strafe bekommen hätte, dem Kind aber sein halbes Leben genommen hat?

Wir haben den Fall Luca gehabt, erst im Herbst des vergangenen Jahres, wo ein Kleinkind zu Tode geprügelt worden ist. Es ging hier um einen kleinen Buben, der seinem leiblichen Vater entzogen worden ist und vom Stiefvater mehrfach geprügelt und geschlagen worden ist, über einen langen Zeitraum hindurch, bis er letztlich gestorben ist. Und schon damals haben wir das Thema Jugendwohlfahrt diskutiert. Und schon damals haben wir diskutiert: Helfen die Kontrollen?

Herr Van der Bellen, damals ist schon die Idee entstanden, und die haben wir im Hohen Haus eingebracht, dass wir Vorschulkinder regelmäßig auch einer ärztlichen Kontrolle unterziehen sollen. Und da sind wir nicht allein: Das Bundesland Hessen hat mit 1. Jänner dieses Jahres genau dieses System bereits umgesetzt. Nordrhein-Westfalen und Bayern sind dabei, es umzusetzen. Und es gibt erste Ideen, bundesweit in Deutschland solche verpflichtenden regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen auf Gewalt und Missbrauch von Kindern durchzuführen, um Vorschulkinder davor zu schützen.

Es wird keine Familie, es wird keine Väter und keine Mütter geben, die sich davor fürchten, wenn sie sich nichts zuschulden haben kommen lassen. Dann werden sie gerne hingehen und bei diesem System mitmachen, wenn wir andere Kinder davor schützen, dass sie Missbrauch im Vorschulalter erleben müssen, Herr Kollege Van der Bellen! (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben den Innsbrucker Babymord gehabt: drei Kinder umgebracht, im Keller ver­scharrt, fünf Jahre lang versteckt. Obwohl man die Täter kennt, ist es verjährt, und man kann den Tätern nichts mehr anhaben. Wir haben damals schon über die Verjährung diskutiert und haben gesagt, da stimmt etwas nicht im System.

Wir haben in Wien ein sechsjähriges Mädchen gehabt, das von einem Freigänger in der Schule vergewaltigt und missbraucht worden ist. Das war schon das zweite Mal, der hat schon einmal ein Kind missbraucht. Er ist übrigens im Jänner verurteilt worden zu einer Strafe von sechs Jahren Haft. Zu sechs Jahren! Ein Jahr hat er schon hinter sich seit dem Fall, das heißt, fünf Jahre hat er noch vor sich. – Ist das eine gerechte Strafe? Geht der wieder frei, Frau Justizministerin? Ist das einer jener Freigänger, die vielleicht im Rahmen des Haftentlastungspakets wieder vorzeitig freigelassen werden?

Das heißt, wir haben solche Fälle sonder Zahl, da gibt es nicht nur die prominenten Fälle: Es gibt 1 200 schwere Missbrauchsfälle im Jahr. 20 000 Fälle sind die Dunkel­ziffer. Jedes vierte Mädchen, jeder sechste Bub vor dem 16. Lebensjahr wird sexuell missbraucht

Frau Ministerin, das ist unser Vorwurf: Immer wieder haben wir das diskutiert, immer wieder haben Sie Ankündigungen getätigt, haben Sie Studien, alles Mögliche vorge­stellt – und es ist eineinhalb Jahre überhaupt nichts passiert. Das ist unsere Kritik. Und deswegen haben wir kein Vertrauen mehr in Ihre Justizpolitik in dieser Frage, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ.)

 


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