Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 154

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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser mit 4 Minuten freiwilliger Redezeitbegrenzung. – Bitte.

 


14.34.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir wissen, dass wir im Strafvollzug einen Mangel an Sozialarbeitern, Psychologen und Krankenpflegern haben. So weit decken sich die Analyse der Frau Bundesminister und meine noch. Dann aber teilen sich unsere Wege, denn die logische Konsequenz aus dieser Misere wäre, die notwendigen Planposten zu schaffen. Das passiert aber nicht. Stattdessen wird jetzt diese Justizbetreuungs­agentur gegründet, und das Personal soll künftig dort angestellt werden. Ich glaube, das ist ein Ausdruck einer unehrlichen Politik. Wenn wir Personal brauchen, dann soll das mit dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium verhandelt werden und die notwendigen Planstellen geschaffen werden.

Warum tut man das nicht? – Weil man die Zahl der öffentlich Bediensteten künstlich niedrig halten will, weil man Personal, das bei einer Agentur beschäftigt ist, in den Kosten für Sachaufwand verstecken kann. Das ist ein klassischer Etikettenschwindel, für den wir nicht zur Verfügung stehen, für den wir auch deshalb nicht zur Verfügung stehen, weil wir ihn für gefährlich halten. Diese Justizbetreuungsagentur legt in Wirk­lichkeit die Schienen für eine spätere Teilprivatisierung des Strafvollzugs. Ich unter­stelle niemandem, dass er heute den Strafvollzug privatisieren will, aber wer jetzt mit Ausgliederungen beginnt, der schafft die Voraussetzungen dafür, dass möglicherweise später privatisiert wird. Es wird wahrscheinlich nie wieder einen Planposten im Bereich des Fachpersonals geben, der zusätzlich geschaffen wird. Jede zusätzliche Stelle wird in dieser Justizbetreuungsagentur geschaffen werden.

Im Ausschuss haben mir alle treuherzig versichert, man sei nicht für die Privatisierung des Strafvollzugs. Da hat es großen Konsens gegeben. Wenn das wirklich so ist, dann muss man der Realität aber schon ins Auge schauen. Was wird mit der Justiz­betreuungsagentur passieren? Zunächst einmal, und das sagt auch die Frau Bundes­minister, wird das Personal für einzelne Projekte dort angestellt. Irgendwann einmal wird man dazu übergehen, Neuaufnahmen im Bereich des Fachpersonals nur mehr in der Justizbetreuungsagentur zuzulassen, und irgendwann einmal, wenn dann ein Großteil der Beschäftigten in der Justizbetreuungsagentur tätig ist, wird man überhaupt gleich alle, auch die Vertragsbediensteten, in der Justizbetreuungsagentur „parken“.

Und wenn das der Fall ist, wird man sagen: Da ohnehin schon das gesamte Fach­personal in der Agentur ist und nichts mehr hoheitlich erledigt wird, können wir gleich darüber diskutieren, ob diese Leistungen nicht ein Privater erbringen kann. – Dann sind wir mitten in der Strafvollzugsprivatisierungsdebatte, die wir alle nicht haben wollen. Deshalb, Frau Bundesminister – auch wenn das nicht Ihre Absicht ist –: Sie legen hier die Schienen für eine spätere Teilprivatisierung, die niemand will. (Beifall bei den Grünen.)

Unabhängig davon, ob es dazu kommt oder nicht, werden schon jetzt die Konse­quenzen dieser Ausgliederung äußerst unangenehm sein, denn: Wer wählt das Personal in Zukunft aus? – Die Justizbetreuungsagentur. Wer ist für die Fortbildung zuständig? – Die Justizbetreuungsagentur. Ich möchte eigentlich schon, dass in einem so sensiblen Bereich wie dem Strafvollzug die öffentliche Hand für die Qualität des Personals verantwortlich ist.

 


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