Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 159

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Temelín. Herr Kollege Schüssel, Sie haben damals Inserate geschalten – ich erinnere mich gut daran –, Sie und Kollege Molterer: Melker Abkommen garantiert rechtsver­bindlich. – Jeder, der völkerrechtlich ein bisschen bewandert ist, wusste schon damals bei Abschluss, dass das garantiert nicht rechtsverbindlich ist.

Und dann keinen Streitmechanismus zu verlangen oder zu verhandeln, wohl wissend, dass es dann keine Möglichkeit gibt, zum IGH zu gehen, das liegt in Ihrer Verantwor­tung. Ich halte Sie für intelligent genug, dass Sie damals genau gewusst haben, was Sie tun. Sie haben damals kein rechtsverbindliches Abkommen für Österreich ausver­handelt, obwohl Sie es dann der Bevölkerung in Inseraten weismachen wollten. (Zwi­schenruf des Abg. Gahr.)

Heute stehen wir vor dem Problem, dass eine Völkerrechtsklage de facto nicht möglich ist oder nur sehr schwer möglich ist, aber trotzdem wäre es den Versuch wert gewe­sen, sie zumindest einmal einzubringen und zumindest einmal zu deponieren, dass wir mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind. Aber selbst das haben Sie nicht ge­macht. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich noch zu einigen Fragen.

Wir möchten gerne noch einmal den Ablauf genau wissen: Wann ist tatsächlich die zentrale Stelle in Ihrem Ressort, die Strahlenwarnzentrale, informiert worden? Welchen Inhalt hat die Information gehabt? Und wenn es da Missverständnisse gegeben hat und schwere Versäumnisse auch bei der slowenischen Behörde, dann möchte ich wis­sen, ob Sie auch schriftlich einen Bericht eingefordert haben, sodass wir nachvollzie­hen können, was tatsächlich geschehen ist.

Halten Sie es tatsächlich für ausreichend, dass diese Direktinformation an die Stelle, die es eigentlich wissen muss, erst vier Stunden später erfolgt ist? Und welche Konse­quenz werden Sie daraus ziehen, dass die österreichische Bevölkerung aus den deut­schen Medien von diesem Vorfall erfahren hat?

Weiters würde mich sehr interessieren, welche rechtlichen Konsequenzen Sie in Ihrer Verantwortung als Umweltminister, auch als Zuständiger für Umweltinformationsab­kommen, auch mit den Nachbarstaaten ziehen werden, was Sie unternommen haben und unternehmen werden, denn mit dieser Situation können auch Sie, glaube ich, nicht zufrieden sein.

Noch etwas würde mich interessieren: Wenn Sie schon behaupten, dass hier nicht mehr möglich ist, dann frage ich, warum das mit manchen Staaten möglich war. Mit der tschechischen Republik gibt es sehr wohl ein diesbezügliches Abkommen. Das heißt, es müssen offensichtlich erst die Bevölkerung und die NGOs mit massivem Druck ... (Abg. Dr. Schüssel: Mit Temelín!) Mit Tschechien gibt es ein Abkommen. Da gibt es dieses Abkommen. Das heißt, es ist möglich. Warum haben Sie es also verabsäumt, das mit den anderen Staaten auch zu machen?

Einen letzten Fragenblock, den ich Ihnen noch stellen möchte: Was haben Sie in den letzten Jahren als Umweltminister an Ausstiegsinitiativen tatsächlich versucht? Die Anti-Atompolitik, wir haben so oft in diesem Haus darüber diskutiert, ist im Wesentli­chen eingeschlafen. Es gibt keine Initiativen bei Ausbauplänen. Bei UVP-Umgehungen, bei Fristverlängerungen gibt es von österreichischer Seite keine Initiativen! Erst dann, wenn sich NGOs, Bürgerinitiativen oder die Opposition entsprechend aufregen, begin­nen Sie zu handeln.

Ich habe unter dem Strich den Eindruck, dass Ihnen das Thema einfach nicht wichtig ist, dass Sie glauben, solche Dinge wie 11. September und Tschernobyl in Kombina­tion wird es mit Sicherheit nicht geben, und deswegen tun wir erst gar nichts. Die Di­mension der Problematik seit dem 11. September – wir müssen auch einmal bespre-


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