Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll65. Sitzung / Seite 254

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. 6 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.38.04

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Bildungsstan­dards an sich sind weder positiv noch negativ. Die Frage, die sich hier stellt, ist die: Was will man mit Bildungsstandards bezwecken? Und da muss ich auf den Ausschuss verweisen, wo wir schon sehr überrascht waren, dass Sie, Frau Bundesministerin, klar gemacht haben, dass Sie eigentlich in der Frage der Bildungsstandards genau das weiterverfolgen, was Bildungsministerin Gehrer vor Ihnen eingeleitet hat. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Doch, wörtlich! Wenn man aufgepasst hätte, hätte man es gehört.

Das ist nicht unproblematisch, denn die Konzeptions- und Bildungsstandards, die von der ehemaligen Ministerin Gehrer verfolgt worden sind, waren aus unserer Sicht eigentlich von Anfang an falsch, denn dabei ging es darum, dass man die Bildungs­standards an den Schnittstellen einsetzt, nämlich am Ende der 4. und am Ende der 8. Klasse. (Abg. Rädler: Bildungsstandards sind immer gut!) Jede internationale De­batte um Bildungsstandards zeigt jedoch, dass das eine gewisse Vorgangsweise mit sich bringt, nämlich schlicht und einfach die, dass damit auch Selektion betrieben wird, wenn man es genau zu diesem Zeitpunkt macht.

Was soll es denn für einen Sinn machen, Bildungsstandards am Ende der 4. Volks­schulklasse einzusetzen, außer zu sagen: Damit bestimme ich, wer nach der Volks­schule in die Hauptschule oder in ein Gymnasium gehen kann!?

Wenn man Bildungsstandards so einsetzen würde, dass sie einen Sinn haben, nämlich dass man darauf aufbauend entsprechende Fördermaßnahmen setzen kann, dann wäre es nur logisch, dass das nur dann sein kann, wenn die betreffenden Schülerinnen und Schüler noch etwas davon haben, und daher muss da früher angesetzt werden. Es muss die Möglichkeit geben, dass, nachdem festgestellt worden ist, wo die Probleme sind, wo Defizite vorhanden sind, wo es Förderbedarf gibt, die betreffenden Schülerin­nen und Schüler entsprechende Förderungen erhalten. – Das ist der erste Punkt, der ziemlich problematisch ist.

Wenn man es sich näher anschaut, sieht man, es gibt verschiedene Modelle, von Skandinavien angefangen über den englischsprachigen Raum bis hin zu Mitteleuropa, wo Bildungsstandards anders eingesetzt werden. In Skandinavien ist es so, dass ich finde, darauf kann man wirklich aufbauen, wie es dort gedacht ist. Dort gibt es eigene Agenturen. Die machen unabhängige Tests, führen Bildungstest durch, haben Perso­nen, die dann an den Schulen Beratungen durchführen, die Weiterbildungsmaßnah­men empfehlen, die den Lehrern eine Rückmeldung geben, den Schulen eine Rück­meldung geben und sagen, in diesen und diesen Bereichen wäre es wahrscheinlich besser, den Unterricht und die LehrerInnenausbildung zu verändern. Das ist ein För­dermodell. Das ist etwas, was, glaube ich, durchaus positiv zur Unterrichtsqualität bei­tragen kann. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass man die Testergebnisse auch ver­wendet und den jeweiligen SchülerInnen eine Rückmeldung gibt.

Ich bin sehr verblüfft gewesen, dass dies im Ausschuss in der Debatte so dargestellt worden ist, dass die Rückmeldung über den Test eigentlich nicht erfolgt, sondern dass diese an das Schulsystem geht, also: Das Schulsystem bekommt eine Rückmeldung, aber die Schülerinnen und Schüler, die den Test gemacht haben, die Lehrerinnen und


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite