Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 65

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nen Zeitung“. Und das wird auch in anderen Teilen Europas so gesehen. (Beifall bei den Grünen.) Volksabstimmungen lösen diese sozialen Probleme nämlich nicht.

Der Lissabon-Vertrag hätte die EU nicht zu einem Traum-Europa gemacht, aber zahl­reiche Verbesserungen hätte es gegeben: im Sozialbereich, im Demokratiebereich. Einige Beispiele gefällig? – Die Grundrechte-Charta hat klar formulierte Rechte enthal­ten. Diese enthält sie auch weiterhin, aber rechtsverbindlich wird sie jetzt nicht. Und gerade in Zeiten von neoliberalen, wirtschaftsliberalen Ansagen der Konservativen wäre das wichtig gegen transnationale Konzerne. Wissen Sie, was die enthalten hat? – Das Recht auf Kollektivverhandlungen, das Recht und den Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung, das Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedin­gungen, auf tägliche, wöchentliche Ruhezeiten, auf bezahlten Jahresurlaub, Verbot von Kinderarbeit, Schutz von Jugendlichen, Anspruch auf bezahlten Mutterschaftsur­laub, Elternurlaub et cetera. All dies wäre rechtsverbindlich geworden. Das wird es jetzt nicht. Und mit Volksabstimmungen auf nationaler Ebene werden diese Dinge schon gar nicht gelöst!

Die Antwort der SPÖ ist eine falsche. Sie haben diesen Kampf aufgegeben, auch, wie ich schon gesagt habe, gegenüber der ÖVP, auch gegenüber den Konservativen, die nur wirtschaftsliberal agieren, die von sozialen Rechten und Arbeitnehmerrechten nicht wirklich viel halten, und davon, dass prekär Beschäftigte mehr Rechte haben, auch nicht.

Was wäre denn möglich gewesen? – Den Sozialminister hat die SPÖ gestellt. Sozial­ministerrat, europaweite Standards für Mindestlöhne, Stärkung der Euro-BetriebsrätIn­nen, überbetrieblicher Arbeitnehmerfonds. Wo war denn Ihr Einsatz dafür? Wo hat sich denn die Sozialdemokratie dafür eingesetzt? – Diesen Kampf, wenn Sie ihn überhaupt geführt haben sollten, haben Sie jetzt auch aufgegeben.

Der zweite Teil: mehr Demokratie in diesem Europa. Der Wunsch, dass nicht mehr die wie Reichsfürsten agierenden Regierungsvertreter in geheimen Sitzungen Entschei­dungen treffen und uns dann, wenn sie zurückkommen, ausrichten: Wir haben damit nie etwas zu tun gehabt.

Diese Rechte würden mit dem Lissabon-Vertrag gestärkt werden. Wenn der jetzt schon nicht in Kraft tritt, dann treten wir Grüne dafür ein, dass wir zumindest einen ersten Schritt in diese Richtung setzen.

Deswegen bringe ich den folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Angesichts der sich ausweitenden Vertrauenskrise wird die Bundesregierung aufgefor­dert, sich in einem ersten Schritt innerhalb der EU auf den Vorschlag eines „European Act for Democracy“ zu verständigen, der die Rechte in einem „Europäischen Vertrag der Bürgerinnen und Bürger“ erweitert und folgendes beinhaltet:

die Charta der Grundrechte,

die Ziele und Werte der Union,

das europäische Volksbegehren,

die gestärkten Mitentscheidungsrechte des europäischen Parlaments sowie der natio­nalen Parlamente,

 


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