Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 70

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zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher auch dann für diesen Beitritt ge­stimmt, wenn sie gewusst hätten, was danach kommt, dass der „Ederer-Tausender“ nicht kommt, dafür aber die Abschaffung der Neutralität 1998 durch eine Verfassungs­änderung oder die Abschaffung des Schillings. Ob das jetzt richtig oder falsch ist, aber wenn man damals objektiv informiert hätte, wäre diese Volksabstimmung möglicher­weise anders ausgegangen.

Der Herr Bundeskanzler hat auch recht, dass es dann, wenn eine Volksabstimmung über eine Frage durchgeführt wird oder werden muss, eine Informationskampagne gibt. Und ich sage: Leider nur dann! Und das ist das Problem auch in der Europäischen Uni­on, denn dann, wenn es das nicht gibt, wenn man weiß, dass die Bevölkerung ohnehin nicht gefragt wird, erspart man sich auch die Informationen, und zwar durchaus auch über das Positive. Wenn ich mir zum Beispiel ansehe, was die Europäische Union etwa über die Charta der Grundrechte hier herausgegeben hat, dieses nette Büchlein (der Redner hält ein Miniaturbüchlein in die Höhe), dann muss ich sagen: Das kann man nicht als objektive, intensive Informationskampagne über ein wichtiges Projekt der Europäischen Union bezeichnen, aber ein bisschen bezeichnend ist das für diese Kampagne ja schon. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte hier ganz klar sagen, dass ich mich zur Frage und zum Projekt der Euro­päischen Integration voll und ganz bekenne. Das ist unverzichtbar, und es gibt nichts anderes als die Europäische Union. Wir sind dabei. Ein Austritt aus oder ein Zerfall die­ser Union hätte fatale Folgen für Europa und auch für Österreich. Das muss klar ge­sagt werden, vielleicht nicht für diese Generation, aber für kommende Generationen und gerade im sicherheitspolitischen Bereich. Gerade wenn man jedoch diesen euro­päischen Einigungsprozess für wichtig und zukunftsweisend hält, dann muss man diese Europäische Union kritisieren. Nicht so, wie das die Austrittsbefürworter tun, die wirklich mit Falschargumenten auch bezüglich des Lissabon-Vertrages agieren. Das ist der falsche Weg! Dadurch schürt man Ängste, die wir nicht brauchen. Wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung.

Genauso der falsche Weg, Frau Außenministerin, ist es aber auch, zu sagen: Wozu brauchen wir eine Volksabstimmung, die senkt keine Preise! – Ja, das stimmt schon, aber vielleicht wäre eine bürgernähere Politik dazu angetan, die Europapolitik und auch die nationalen Politiker ein bisschen mehr dazu zu bewegen, dass sie selbst dafür sor­gen, dass es Preiskontrollen gibt, dass es Preissenkungen gibt, dass es auch auf der europäischen Ebene entsprechende Initiativen gibt. (Beifall beim BZÖ.)

Es wäre nämlich eine Aufgabe der Europäischen Union, im Bereich der Globalisierung dafür zu sorgen, dass es keine Lohndumpings etwa in Asien gibt, dass es dagegen Im­portschranken gibt, dass es keine ungeprüfte und unkontrollierte Spekulation etwa bei den Energiepreisen gibt. Das wäre die Aufgabe! Und an diesen Punkten muss auch die Kritik ansetzen an der Europäischen Union, dieses Gremiums, oder etwa auch in der Sicherheitspolitik, in der Außenpolitik. Da fehlt es an europäischen Initiativen, und dar­auf sollte man sich konzentrieren.

Deshalb habe ich auch gesagt, weil mir das von der FPÖ einmal vorgeworfen worden ist: Ich bedaure es, dass dieser Lissabon-Vertrag wieder gescheitert ist. Ja, da wird ja alles Mögliche hineingeheimnist in diesen Vertrag. So dramatisch ist der ja gar nicht. Nur: Was ich daran bedauere, ist, dass wir jetzt acht Jahre Selbstbeschäftigung in die­ser Europäischen Union gehabt haben, und diese Selbstbeschäftigung wird jetzt wei­tergehen. Und die wirklich wichtigen europäischen Initiativen, an denen auch wir ein Interesse hätten, werden wieder auf die lange Bank geschoben. Das ist das Problem! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Morak.)

 


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