Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 71

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Meine Damen und Herren, es ist ja auch interessant, wenn heute Leute hierherkom­men und sagen: Volksabstimmung, Volksabstimmung, Volksabstimmung! – Ja, auch wir sind für dieses Instrument der direkten Demokratie, aber bitte, dann schon auch von Seiten der SPÖ dazuzusagen, dass es derzeit laut österreichischer Bundesver­fassung gar nicht möglich ist, über völkerrechtliche Verträge abzustimmen. (Abg. Dr. Schüssel: Ja genau, das ist richtig!)

Das vergisst man in dieser Diskussion, und auch den Umstand, dass es eine Volksab­stimmung nur dann geben kann, wenn es hier im Parlament eine Mehrheit für eine Initiative gibt. Also, zuerst muss man dafür sein, dann gibt es eine Volksabstimmung. Das sollte man allerdings wissen, wenn man das entsprechend einsetzen will.

Wir haben hier im Parlament diese Möglichkeit beantragt: eine Verfassungsänderung. Die SPÖ hat vor wenigen Wochen dagegengestimmt, dass es diese Initiative gibt. Auch das sei hier klar gesagt.

Wir haben jetzt Gelegenheit, eine Neuordnung Europas anzudiskutieren. Europaweite Volksabstimmungen, Herr Kollege Schüssel, wird es nicht geben, denn zur Einführung dieser Volksabstimmung in den einzelnen Ländern brauchen wir nationale Volksab­stimmungen, die nicht durchgehen werden.

Vielmehr brauchen wir ein neues Europa, nämlich ein Europa der verschiedenen Ge­schwindigkeiten. Darin soll es ein Kerneuropa geben, wobei die Mitgliedschaft in die­sem Kerneuropa von der Bevölkerung per Volksabstimmung entschieden werden soll. Es soll darin auch ein umfassendes Maß an Integration geben. Wer das nicht will – auch das entscheidet die Bevölkerung –, der befindet sich in einem weiteren Bereich, wo es nur einzelne Module gibt. Im äußersten Bereich gibt es eine Partnerschaft für Europa, bei der man auf bilateraler Ebene die Zusammenarbeit regelt.

Das wäre eine wirklich zukunftsweisende Idee, an der man arbeiten sollte. Das ist nicht gegen Europa gerichtet, sondern es ist ein Ausweg aus dieser Krise. Ich sehe keine anderen Auswege. Andernfalls werden Sie immer wieder an einem Land schei­tern, wenn Sie irgendetwas Neues herbeiführen oder herbeidiskutieren wollen.

Deshalb ist weder Austritt und Angstmache noch Schönreden angesagt (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen), sondern eine offene, ehrliche und objek­tive Diskussion über ein künftiges Europa, das föderalistisch organisiert ist und Bürger­nähe bewahrt, aber die europäischen Aufgaben für uns regeln kann. (Beifall beim BZÖ.)

12.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordne­ter Krainer. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.01.12

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich habe hier einen Resolutionsantrag, aus dem ich zitieren darf:

„Der EU-Reformvertrag wirkt sich auf viele Lebensbereiche der hier in Österreich le­benden Menschen aus. Es gibt daher keinen Grund, die Betroffenen nicht selber über dieses Reformwerk entscheiden zu lassen.

Voraussetzung für ein demokratisches Europa sind Information der BewohnerInnen, Möglichkeiten zur Diskussion und Meinungsbildung sowie Mitbestimmung in wichtigen politischen Fragen. Eine Volksabstimmung und damit verbunden eine breite öffentliche Diskussion des EU-Reformvertrages ist daher besonders wichtig.

 


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