Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 135

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Wir haben das ja untersuchen lassen. Tatsächlich hat sich diese Obsorge beider Eltern sehr bewährt, sehr bewährt vor allem auch im Hinblick darauf, dass es zu einer Ver­minderung von Konflikten allgemein und speziell auch von Konflikten bei der Ausübung des Besuchsrechts gekommen ist. Diese konfliktvermeidende Wirkung der Obsorge beider Eltern ist aber nur dann möglich, wenn sich auch tatsächlich beide freiwillig für diese Obsorge entscheiden. Dann kann das auch sozusagen konfliktvermindernd wir­ken. In 57 Prozent aller Fälle wird davon jetzt schon Gebrauch gemacht.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es durch verschiedenste Einrichtungen der in­stitutionalisierten Besuchsabwicklung – Besuchscafés, Besuchsbegleitung – ebenfalls dazu gekommen ist, dass die Ausübung des Besuchsrechts weniger konfliktanfällig ist.

Wir haben auch einen Modellversuch durchgeführt mit dem Kinderbeistand, sprich: einer Person, die in Rosenkriegen zwischen den Eltern ausschließlich die Rechte des Kindes wahrnimmt. Das hat sich sehr bewährt, und die Richter fühlen sich dadurch ent­lastet. Es ist damit eine Person vorhanden, die ausschließlich die Rechte des Kindes wahrnimmt, damit die Kinder nicht in diese Konflikte zwischen Vater und Mutter über­mäßig hineingezogen werden können.

Ich weise auch darauf hin, dass wir derzeit daran arbeiten, die Familiengerichtsbarkeit insgesamt zu stärken. Tatsache ist, dass der Beruf der Familienrichterin, des Familien­richters in der Hierarchie der Justiz derzeit kein sehr angesehener ist, das müssen immer die Jüngeren machen. Es kommt dadurch häufig zu einem Richterwechsel, was sich auch oft negativ, das gestehe ich zu, auf die Länge der Verfahren auswirkt. Wir wollen diese Berufsgruppe innerhalb der Richterschaft attraktiver gestalten. Wichtig sind Aufstiegsmöglichkeiten. Wir haben derzeit zum Beispiel keinen familienrechtlichen Senat am Obersten Gerichtshof. Das heißt, dass Richter, die auf Familienrecht spezia­lisiert sind, weniger Aufstiegsmöglichkeiten haben als in anderen Fachgebieten spezia­lisierte Richter.

Wir wollen die Familiengerichtshilfe ausbauen. Wir haben eine Jugendgerichtshilfe der­zeit nur in Wien und nur für den Bereich der Strafjustiz. Ich denke, dass das ein sehr sinnvolles Element wäre, dass den Richterinnen und Richtern hier auch geschulte Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, die ihnen in der Arbeit mit den Familien helfen.

Ein bekanntes Problem ist das mit den Sachverständigen, dass hier ein Mangel an Sachverständigen gegeben ist. Wir haben eine eigene Datenbank eingeführt; da kann der Richter immer sehen, welche Sachverständige es in welchem Bereich gibt, und auch sehen, wie ausgelastet derjenige ist. Das hat zu einer Verkürzung, wie Sie in der Anfragebeantwortung auch sehen können, der Dauer dieser Gutachtenserstellungen geführt.

Wenn Sie hier aus Ihren eigenen und auch anderen Anfragen Kritik an Gutachten be­ziehungsweise Gutachtern anbringen, dann ist Ihnen das unbenommen. Sie müssen verstehen, dass ich erstens die Unterlagen dafür, da es sich ja eigentlich um die Be­sprechung einer anderen Anfrage handelt, nicht zur Verfügung habe. Und es wird immer so sein, dass die Partei, deren Antrag abgewiesen wurde, die ein Recht nicht bekommen hat, natürlich Zweifel am Gutachter und am Gutachten äußert.

Sie haben auch eine strafrechtliche Konstellation angesprochen. Ich freue mich, wenn Sie der Meinung sind, dass auch dann, wenn der Vorwurf von Sexualstraftaten gege­ben ist, die Rechtsstaatlichkeit gewahrt sein muss, dass auch hier davon auszugehen ist, dass primär einmal die Unschuldsvermutung gilt. Das ist ja etwas, was im Zusam­menhang mit der Debatte über Sexualstraftaten nicht immer im Vordergrund steht.

Zur Statistik noch ein Wort. Das ist jetzt schon Gegenstand vieler Bemühungen, dass wir unsere Justizstatistik ganz allgemein verbessern. Ich habe gelernt, dass das ein


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