Ich bitte Sie, dass man vielleicht doch noch einmal nachfasst, weil es natürlich schon interessant wäre. In der Gerichts-EDV sehe ich selbstverständlich mit einem Knopfdruck, wer Antragsteller und wer Antragsgegner ist. Also, da hätte man zumindest einige Fragen beantworten können, aber vielleicht kann das ja noch nachgeholt werden. Oder wir formulieren vielleicht eine neue Anfrage mit weniger als 50 Punkten. Wir werden der Sache schon noch auf den Grund gehen.
Das ist eine Geschichte, die ja leider permanent Gegenstand der notwendigen politischen Befassung ist, weil sie ernst und weil sie wichtig ist. Einige wichtige Aspekte:
Erster Punkt: Kinder sind immer Scheidungsopfer. Keine Frage!
Zweitens: Kinder haben ein Schicksal, und zwar auch das Schicksal, wer ihre Eltern sind. Wenn diese Eltern nicht verantwortungsvoll handeln, dann verwenden sie die Kinder zum Teil als Waffe, sei dies schon bei der Scheidung oder wenn die Scheidung erledigt ist, dann gibt es die Nachscheidungskriege. Das kennen wir alle.
Selbstverständlich gibt es ein eingeführtes System, wie man sich günstig positioniert. Es gibt selbstverständlich das Know-how. – Und jetzt spreche ich wirklich geschlechtsneutral, um da ja keine Verdachtsmomente aufkommen zu lassen, die den Blick auf die wahren Sachverhalte verstellen. – Man kann sich eine günstige Ausgangsposition verschaffen, indem man zuerst die Wegweisung schafft, und die Wegweisung schafft man natürlich mit der Gewaltbehauptung, und die Gewaltbehauptung steht leider Gottes häufig mit der Falschbehauptung des sexuellen Missbrauches im Zusammenhang.
Jetzt haben Sie natürlich recht, diese Behauptung kann auch richtig sein, und das Teuflische existiert natürlich. Hier geht es darum, mit der strengsten rechtsstaatlichen Verfahrensmethode sorgsam den wahren Sachverhalt zu erheben. – Das ist eine Baustelle.
Die zweite Baustelle: Wir haben zu unterscheiden Streitigkeiten über das Obsorgerecht – wenn es nicht zur gemeinsamen Obsorge kommt, was natürlich die Erfüllung eines Sehnsuchtstraumes der letzten 10, 15 Jahre war; Gott sei Dank gibt es jetzt die Möglichkeit zur gemeinsamen Obsorge – oder über das Besuchsrecht.
Der Herr Vizekanzler ist nicht da; er spricht immer von Klarheit. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, das ist ein Thema, das ihn nichts angeht, weil er Finanzminister ist. Wir sprechen heute über Familien- und über Justizangelegenheiten, sodass er seine Zeit nicht über Gebühr für Dinge, die er kompetenzmäßig nicht am Halse hat, strapazieren muss. Ich borge jetzt jedoch ein Wort von ihm aus, das heißt „Klarheit“. – In aller Klarheit muss man erkennen, dass die besten materiell-rechtlichen Bestimmungen in einem Staat nichts nützen, wenn sie nicht von hervorragenden prozessrechtlichen, verfahrensrechtlichen Methoden begleitet werden.
Anders gesagt: Die Qualität des Rechtsstaates bemisst sich immer an der Qualität des Verfahrensrechtes. Und eine Todsünde gegen die Verwirklichung des Rechtsfriedens ist verzögerter Verfahrensverlauf. Und gerade bei Besuchsrechtsstreitigkeiten ist es so, dass wie beim „Om mani padme hum“ mit der Gebetsmühle die Richter jetzt seit vielen, vielen Jahren die Sache de facto an die Sachverständigen delegieren. Die Richter reduzieren sich in hohem Maße – in erster Instanz natürlich – auf einen Entscheidungsapparat, der selbst nicht mehr konstitutiv handelt, sondern rezeptiv die Mehrheit der vielleicht von mehreren Sachverständigen abgegebenen Meinungen wiedergibt – und damit hat es sich.
Jetzt haben wir natürlich zu wenige Sachverständige, und die Akten liegen sehr lange bei Sachverständigen. (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.)
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