In Österreich steigen die Lebensmittelpreise stärker an als im Durchschnitt der Euro-Zone und vor allem als in Deutschland. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Lebensmittelpreise bei uns über dem EU-Durchschnitt steigen. Das zeigt, dass der Österreich-Zuschlag auch hausgemacht ist. So stiegen im Jahr 2007 die Lebensmittelpreise in der Euro-Zone (EU-15) mit 2,7 % bei weitem nicht so stark an wie in Österreich mit 4,2 %. Ein ähnliches Bild zeigt auch der Vergleich im Mai 2008: Die Lebensmittelpreise in Österreich stiegen um 7,3 %, im Durchschnitt der Euro-Zonen-Länder um 6,4 %.
Österreich ist bei Lebensmitteln heute deutlich teurer als Deutschland: Für die exakt gleichen Produkte zahlt man in Österreichs Supermärkten um 21 % mehr als in Deutschland. Mehr noch: Es sind die Supermärkte des zum Teil gleichen Konzerns, die für das gleiche Produkt in Österreich mehr als in Deutschland verlangen: Das zeigt ein aktueller Preisvergleich Wien-Passau von 72 Produkten im August. Damit ist klar, dass es den „Österreich-Aufschlag" bei Lebensmitteln gibt. Eine AK-Erhebung (5. bis 20. August 2008) von 72 Produkten zeigt, dass KonsumentInnen in Wien um durchschnittlich 21 % (umsatzsteuerbereinigt) mehr zahlen müssen als in Passau. Es wurden Normalpreise (ohne Aktionen) erhoben, verglichen wurden 68 idente Produkte (gleiche Marke, Hersteller und Menge). Damit werden die Erhebungen der AK aus dem April und dem Juli 2008 bestätigt.
Der AK-Preisvergleich Wien – Passau ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Unternehmen nicht in Ausflüchte retten können. Damit wird dem häufig vorgebrachten Argument entgegengetreten, dass die Preisunterschiede dort bestehen, wo es sich um österreichspezifische Produkte handelt.
Preis- und Wettbewerbsbehörden säumig
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), das zuständig ist für den Handel, Angelegenheiten der Preisregelung, Preisüberwachung und Preistreiberei sowie Wettbewerbsangelegenheiten, zu welcher ausdrücklich die Wettbewerbskontrolle zählt, hat bisher leider viel zu wenig unternommen, um die Inflation im Lebensmittelbereich zu drücken. Minister Bartenstein war auch säumig zu erheben, wer Verursacher des Österreich-Aufschlags bei den Lebensmittelpreisen ist. Im Juni hat die Arbeiterkammer daher einen Antrag auf Untersuchung nach dem Preisgesetz gestellt. Damit war das Wirtschaftsministerium gezwungen, die Preiskommission umgehend einzuberufen.
Laut § 5 des Preisgesetzes muss der Arbeits- und Wirtschaftsminister nun auf Antrag untersuchen lassen, ob die Preise für die im Antrag genannten Produkte und Produktgruppen bei bestimmten Unternehmen in Österreich stärker gestiegen sind als im internationalen Schnitt. Zweitens muss er untersuchen lassen, ob ungerechtfertigte Preispolitik der Grund für die Teuerungen ist.
Die Experten des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz und der Arbeiterkammer widersprachen der Rechtsmeinung des BMWA, dass Betriebsprüfungen in diesem Stadium nach dem Preisgesetz nicht möglich seien. In den relevanten Gesetzespassagen steht, dass vom Wirtschaftsminister ein Vorprüfungsverfahren auf Antrag durchzuführen ist. Das Verfassungsdienstgutachten zum Handlungsauftrag des Wirtschaftsministers nach dem Preisgesetz stellt fest, dass Betriebsprüfungen sowohl im Vorprüfungsverfahren als auch im Verfahren vor der Preiskommission vorgenommen werden können. Die inhaltlichen wie formellen Voraussetzungen für weitere Schritte sind also gegeben. Möglich sind nach dem Gesetz ausdrücklich Betriebsprüfungen mit Einschau in die Kostenstruktur und in die Kalkulationen. Wenn ein Minister nach dem Bundesministeriengesetz ausdrücklich als Wettbewerbshüter und Preisbehörde zuständig erklärt wird, ist davon auszugehen, dass alle Schritte unternommen werden müssen, um diesem Auftrag nachzukommen.
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