Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 51

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Der Wirtschaftsminister soll deshalb unverzüglich Betriebsprüfungen einleiten – und zwar sowohl bei großen Handelsunternehmen als auch punktuell bei den restlichen Akteuren der Wertschöpfungskette, um die Ursachen des „Österreich-Aufschlags“ zu eruieren und gegenzusteuern. Der Preisantrag der AK ist ausreichend detailliert und das Preisgesetz gibt dem Wirtschaftsminister genügend gesetzlichen Handelsspiel­raum, um sofort die Ursachen des Österreich-Aufschlags zu eruieren und Maßnahmen einzuleiten. Dass der Wirtschaftsminister seine Möglichkeiten im Interesse der Konsu­mentInnen nicht ausnutzt, ist einzig und allein seine politische Verantwortung.

Fehlende Wettbewerbspolitik als Ursache des Scheiterns in der Bekämpfung der Teue­rung

Einige strukturelle Mängel der österreichischen Wettbewerbspolitik sind vom Wirtschafts­ministerium nicht in Angriff genommen worden:

Mangelnde Ressourcen der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und des Bundeskar­tellanwalts:

Die größten Defizite des Kartellrechtsvollzugs liegen darin, dass die personellen und finanziellen Ressourcen der Wettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts bei wei­tem nicht ausreichen, um den Markt ausreichend zu beobachten und vermutete Kartell­rechtsverstöße ausreichend verfolgen zu können.

Mangelnder Zugang zum Recht für geschädigte KonsumentInnen:

Neben der staatlichen Kontrolle ist es daher entscheidend, dass wirksame Instrumente bestehen, die eingetretene Schäden in Folge von Kartellrechtsverstößen kompensie­ren können. Voraussetzung ist freilich – und daran mangelt es derzeit – dass Geschä­digte Zugang zu jenen Informationen haben, die es ihnen erlauben, Rechtswidrigkeit und Kausalität des Schadens zu beweisen. Die Europäische Kommission schlägt dazu verfahrensrechtliche Verbesserungen vor, zu denen sie jüngst alle Stakeholder zur Stellungnahme aufgefordert hat. Das BMWA steht auf der Bremse und sieht kaum Handlungsbedarf.

Die Wettbewerbskommission, ein beratendes Organ des Wirtschaftsministers und der BWB, sieht das hingegen anders: In einem Gutachten der Wettbewerbskommission vom Juli 2008 wird dem BMWA ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Wett­bewerbskommission stellt eine hohe Inlandskomponente bei den Preissteigerungen in den Bereichen Lebensmittel, Treibstoffe und Energie fest und erachtet es „für dringend notwendig, dass die Bundeswettbewerbsbehörde als Ermittlungs- und Aufgriffsbehör­de der Frage, ob die festgestellten Preissteigerungen auf wettbewerbswidrigem Ver­halten (Preisabsprachen, Marktmachtmissbrauch) beruhen, durch Einsatz des ihr zur Verfügung stehenden Instrumentariums unmittelbar nachgeht“.

Weitere Kritikpunkte des Gutachtens:

Die Ermittlungsbefugnisse der BWB sollen eine Stärkung in Richtung der Möglichkei­ten der Europäischen Kommission und der Behörden anderer Staaten erfahren. Eben­so erfordert die Ressourcenausstattung der BWB besonderes Augenmerk.

Die Definition der Marktbeherrschung ist zu überdenken.

Aus diesem Gutachten lassen sich Handlungsanleitungen und Bedürfnisse ableiten, die das BMWA ohne Probleme umsetzen hätte können, indem es der Bundeswettbe­werbsbehörde mehr Sach- und Personalressourcen zur Verfügung gestellt hätte. Statt­dessen geschah lange Zeit überhaupt nichts.

Das vom BMWA im Sommerministerrat vorgelegte und nicht mit anderen Ministerien koordinierte Wettbewerbsbehördenreorganisationsgesetz weist eine Reihe von Män­geln auf:

 


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