Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 64

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das in Brüssel so sieht, wie man das wahrscheinlich sieht. Auch das haben Sie nicht bedacht. Das Schicksal unserer Bauern ist Ihnen im Regelfall ja herzlich egal, wenn es um parteipolitische Vorteile für die Sozialdemokratie geht. (Beifall bei der ÖVP.)

Dem Ganzen wird die Krone aufgesetzt (Abg. Dr. Stummvoll: Welche „Krone“?) – das meine ich jetzt körperlich und nicht medienpolitisch – durch den Vorschlag, der jetzt auch diskutiert wird, die Mehrwertsteuer auch auf Medikamente zu halbieren oder viel­leicht ganz abzuschaffen. Auch dort waren „echte Praktiker“ am Werk, denen völlig ent­gangen ist, dass, wenn Herr und Frau Österreicher wirklich ein Arzneimittel brauchen, dieses im Regelfall rezeptpflichtig und im Regelfall erstattungsfähig von der Kasse ist. Herr und Frau Österreicher zahlen also die nicht geringe Rezeptgebühr mit voller Mehrwertsteuer, mit halber Mehrwertsteuer oder ohne Mehrwertsteuer. Dass die Kas­sen, statt von der Mehrwertsteuer befreit zu werden, diese rückerstattet bekommen, ändert an deren Gestionierung gar nichts.

Die Einzigen, denen das helfen würde, sind diejenigen Österreicher, die in die Apothe­ke gehen und dort beispielsweise Viagra kaufen. (Abg. Strache: Aber geh! Das ist ja ein Unsinn!) Das ist nicht erstattungsfähig durch die Kasse. (Abg. Strache: Das ist ja ein Unsinn, den Sie da verzapfen!) Herr Strache, es ist so! Und Viagra ist eines der teuersten nicht erstattungsfähigen Medikamente. Vielen hilft es – das ist sehr, sehr wichtig (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) –, aber es ist nicht kassenfrei. Es ist nicht kassenfrei, das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen. Diesen Patienten, die­sen Leuten, diesen Männern wollen Sie helfen – na gut. So ist das, aber sinnvoll ist das nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sie kennen sich da jedenfalls aus, Herr Bartenstein! – Abg. Strache: Da hat der Herr Bartenstein ja glatt eine Freude!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dieser Viagra-bedingten Aufregung ... (Abg. Strache: Jetzt machen Sie sich noch lustig, nachdem Sie die Menschen jahre­lang belastet haben!) – Es ist Ihr Vorschlag und Ihre politische Verantwortung, dieses Thema in die Couloirs gebracht zu haben. Nehmen Sie sich selbst an Ihrer politischen Nase!

Da Herr Jarolim auch davon gesprochen hat, die Wettbewerbsbehörde in Österreich gehöre weiterentwickelt, das müsse eine Wettbewerbsbehörde werden, die so stark ist wie die in Brüssel: Na sehr gut, ausgezeichnet! Dann freue ich mich schon, Herr Jaro­lim, dass Sie auf Justizministerin Berger einwirken werden, dass sie endlich einmal erstens die Koalitionsvereinbarung einhält, den Kartellanwalt mit der Bundeswettbe­werbsbehörde zusammenzulegen. – Das wurde klar formuliert in der Koalitionsverein­barung, Sie aber wollen seit zwei Jahren nichts davon wissen.

Besonders interessant ist auch, dass Sie, Herr Jarolim, in Ihrer Anfrage formulieren, dass auch der Kartellanwalt ressourcenmäßig unterbesetzt sei. Also Kritik an der Jus­tizministerin orte ich hier. Oder haben Sie bloß die Vorlage aus der Arbeiterkammer nicht ordentlich durchgelesen, bevor Sie sie eingebracht haben, sehr geehrter Herr Ab­geordneter Jarolim? (Abg. Dr. Stummvoll: Wo ist denn die Justizministerin? – Abg. Dr. Jarolim – in Richtung Bundesminister Dr. Bartenstein –: Sie sollten sich besser in­formieren nächstes Mal!)

Ich meine jedenfalls: ausgezeichnet! Bei der nächsten Ministerratssitzung werde ich den zweiten Versuch unternehmen, eine Wettbewerbsbehörde mit Biss in diesem Lan­de zu etablieren, und bin gespannt, ob die Sozialdemokratie dann hier mitgeht. Die kann dann entscheiden, die kann dann strafen, die kann dann auch Ermittlungen durchführen, ohne beim Kartellgericht anzusuchen. Wir werden einmal schauen, wie Sie diese Nagelprobe dann bestehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Anders hier die Volkspartei: Finanzminister Molterer hat in den letzten Wochen und Monaten insgesamt einen Teuerungsausgleich von nicht weniger als 1,3 Milliarden € Volumen vor-


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