Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 72

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Wir gehen auf schwierige Zeiten zu, das ist meine felsenfeste Überzeugung. Daher ist es völlig unangebracht, dass Sie jetzt in einem Wettbewerb: Wer bietet mehr? – Lizita­tion frei, Geld ist abgeschafft, Manna regnet es in Form von Wahlversprechen vom Himmel! – jedem das Blaue vom Himmel versprechen. Das ist unfair, weil das letztlich die kommenden Generationen bezahlen müssen. Das ist der Punkt, der uns sehr stört. Sie binden damit die Kraft, die kommende Regierungen und kommende Parlamente letztlich brauchen.

Meine Damen und Herren, es ist abwegig, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken, denn das erfordert einen riesigen Aufwand. Es müssen zwischen 3 000 und 10 000 Artikel umgepreist werden. Ein Großbetrieb macht das mit dem Computer, der Kleinbetrieb muss das händisch machen. Glaubt irgendjemand – der Handel glaubt ja immer noch an die magische Neun –, dass zum Beispiel der Preis für ein Viertelkilo Butter, die als Eigenmarke 1,19 € kostet, dauerhaft bei 1,14 € oder 1,13 € bleibt? Glaubt das wirklich jemand von Ihnen? Glaubt jemand, dass der Preis für ein Kilo Mehl, das heute 0,99 € kostet, abgesenkt 0,94 €, dauerhaft bleibt? Das glauben Sie mit Preiskontrollen dauerhaft in den Griff bekommen zu können? – Herzlichen „Glück­wunsch“, meine Damen und Herren, das ist naiv, das ist doch geradezu abwegig! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Glaubt irgendjemand, dass es sinnvoll ist, Handel und Gastronomie zu trennen? Wenn jemand zu McDonald’s geht und dort isst: höhere Mehrwertsteuer; nimmt er das Essen im Sackerl mit: niedrige Mehrwertsteuer. Wenn jemand das Burenhäutl im Auto isst: niedrigere Mehrwertsteuer; wenn er es vor Ort isst: höhere Mehrwertsteuer. – Das ist Kabarett, meine Damen und Herren! Dagegen war die alte Gewerbeordnung ein erns­tes Gesetzbuch. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch schlimmer: Sie fragen nicht einmal, ob das überhaupt mir unseren eigenen Spiel­regeln und der EU kompatibel ist? Matznetter hat angeblich angefragt, und mich würde sehr interessieren, was Steuerkommissar Kovács wirklich zu diesem Anruf von Matz­netter sagt, aber das ist nicht mein Thema. Das ist in Wirklichkeit nicht zulässig, und das wissen Sie auch. – Und jetzt kommt die Antwort: Das ist uns wurscht!, so Faymann im Originalton im Radio und auch Matznetter. Dann soll uns die Kommission halt kla­gen! – Wenn der Gerichtshof nach einigen Jahren der Kommission recht gibt, dann ist wahrscheinlich wieder die „böse EU“ schuld.

Das ist unfair, unzulässig, das ist unmoralisch, meine Damen und Herren, und ich fin­de, dagegen muss man sich zu Recht zur Wehr setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben gefragt, Herr Josef Cap, was uns wichtig ist. Was ist uns wichtig? – Uns ist wichtig, dass wir in schwierigen Zeiten, in denen eine ganz dunkle Konjunkturwolke am Himmel steht, nicht 1,5 Milliarden € hinauspulvern für Maßnahmen, die treffsicherer und billiger und günstiger ganz woanders eingesetzt werden müssten. (Abg. Strache: Wo sind die Vorschläge?) Genau so, wie wir gesagt haben: für die Pensionisten, für die Familien, für die Pendler, für Niedrigeinkommen. Jede Transferausgabe für Niedrig­einkommen ist treffsicherer als die Mehrwertsteuersenkung für alle.

Daher: Bewahren wir uns die Kraft, dass wir in einer schwierigen Konjunktursituation gegensteuern können!

Bewahren wir uns die Kraft, dass wir die Familien stärken, dass wir die Steuern für die Leistungsträger entlasten und dass wir die Wertsicherung für kommende Pensionen garantieren!

Das ist unser Ziel, meine Damen und Herren – und nichts anderes! (Lang anhaltender Bei­fall und Bravorufe bei der ÖVP.)

15.47

 


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