Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 74

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dass der Wettbewerb im österreichischen Lebensmittelhandel ein beklagenswert schwa­cher ist. (Abg. Strache: Und der Konsumentenschutz versagt hat!) Auch der Konsu­mentenschutz versagt, wenn Sie so wollen, dafür wäre aber Minister Buchinger – mei­nes Wissens SPÖ – zuständig gewesen. Auf sechs Seiten beweisen Sie, Herr Abge­ordneter Jarolim, dass die vorgeschlagene Maßnahme der Halbierung der Mehrwert­steuer auf Lebensmittel unter den gegebenen Umständen ein grober Unfug ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Vielleicht nicht so in Deutschland. Die Arbeiterkammer hat gerade nachgewiesen durch den Preisvergleich – auch das nämlich in der Anfrage von Herrn Jarolim – Passau : Wien, dass dieselben Güter – lese ich hier –, gleiche Menge, gleiche Marke, gleicher Herstel­ler, 68 identische Produkte, durchschnittlich um 20 Prozent teurer sind. Das ist jetzt der Beweis für den „scharfen Wettbewerb“ im österreichischen Handel. Ich habe das nie untersucht, aber ich weiß, dass es drei marktbeherrschende Ketten in Österreich gibt. Das hätte auch Kollege Cap wissen können, und das weiß natürlich auch Kollege Jaro­lim. Ganz abgesehen davon, dass Sie jetzt nach dem Bundeskartellanwalt rufen – den haben wir schon vor Wochen eingeschaltet, mit einer sogenannten Eingabe, Sachver­haltsdarstellung, wenn Sie so wollen.

Eine Sternstunde des Parlaments – tatsächlich, das stimmt. Sie haben bewiesen, Kol­legen und Kolleginnen von der SPÖ, dass das, was Herr Faymann, Parteichef, mit der Senkung der Mehrwertsteuer vorhat, unter den gegebenen Umständen in Österreich nur ins Auge gehen kann. 1 Milliarde Steuerausfall riskieren Sie. Ich bin mit Herrn Schüssel oft nicht einer Meinung, aber dass man die Cafés, die Gaststätten und so weiter, McDonald’s und so weiter einbeziehen muss, ist vollkommen klar, sonst kommt man in Teufels Küche. Deswegen stimmen die 750 Millionen nicht, wir reden von 1 Mil­liarde. Mit dieser 1 Milliarde können wir gezielt den unteren Einkommen, den jungen Familien unter die Arme greifen, den AlleinerzieherInnen mit Kindern.

Wir schlagen drei ganz einfach nachvollziehbare Punkte vor.

Erstens: Gratiskindergarten flächendeckend in Österreich. Ein Betreuungsplatz kann locker einmal 250 € im Monat kosten, mal 12 sind das 3 000 €, die sich eine Familie mit kleinen Kindern erspart. Es wundert mich, dass die SPÖ nicht stärker dahinter ist, natürlich bei gleichzeitigem Ausbau der Öffnungszeiten, der Qualität. (Beifall bei den Grünen.) Das ist auch Wirtschaftspolitik, das ist nicht nur Sozialpolitik. Das ist Einbe­ziehung der Frauen in den Arbeitsmarkt, das ist langfristige Wirtschaftspolitik. Was wir bei den Kleinen versäumen, wird später sehr schwer nachzuholen sein.

Zweitens: Freifahrten für Kinder und Jugendliche, Lehrlinge, Schüler im öffentlichen Verkehr. Das erspart jungen Familien eine Menge. Freie Fahrt für Studenten bei der Fahrt von der Universität zum Heimatort beziehungsweise zurück, das erspart den Fa­milien eine Menge. Gestern in St. Pölten bei einer Wahlkampfveranstaltung traf ich zwei junge Mädchen, beide studieren Medizin, beide pendeln aus Niederösterreich nach Wien; übrigens beide türkischer Herkunft, das wird Herrn Strache nicht freuen, mich hat es gefreut. (Abg. Strache: Was soll das?)

Drittens, das wäre für die ÖVP gedacht als Magnet: ein Ölkessel-Tauschprogramm, das den Leuten ermöglicht, umzusteigen, auszusteigen aus Öl und Gas. Das ist insbe­sondere in der ländlichen Bevölkerung von Interesse, insbesondere dort müssen wir den Leuten unter die Arme greifen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Pellets statt Putin, das sollte doch unsere gemeinsame Devise sein. Das kostet die Hälfte des SPÖ-Pro­gramms und bewirkt ein Mehrfaches davon.

Natürlich dürfen wir gleichzeitig die Steuer- und Abgabensenkung nicht vernachlässi­gen. Bis heute vermisse ich Details von SPÖ oder ÖVP zu diesem wichtigen Punkt. Was genau streben Sie eigentlich an? Wir haben die Karten auf den Tisch gelegt und


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