Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 92

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schade, dass wir hier in diesem Haus keinen sachlichen Diskurs zu den wirklichen Zu­kunftsfragen, zu den wirklich großen Herausforderungen zustande bringen.

Der Hintergrund – das ist teilweise angesprochen, aber nicht wirklich diskutiert wor­den –: Wir haben es mit einem völligen Wechsel unseres Energiesystems zu tun. Die Ölpreisentwicklung ist ein Vorgeschmack auf das, was in den nächsten 20 Jahren noch auf uns zukommen wird. Das, was sich in den letzten 100 Jahren verändert hat, ist un­gefähr das, was uns in den nächsten 20, 30 Jahren erwartet, wenn wir konsequent das gesamte Weltwirtschaftssystem vom Öl unabhängig machen werden müssen, weil Öl unerschwinglich sein wird. – Das ist die Wahrheit, vor der Sie konsequent die Augen ver­schließen und mit Lebensmittelpaketen, Heizkostenzuschüssen und Pendlerpauscha­len in einer Sackgasse angelangt sind, aus der wir konsequent herauskommen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Inflation hat diese Ursache, und ich denke, die einzig konsequente Antwort darauf wäre – wir haben hier den Energieminister, den Sozialminister und den Finanzminister sitzen –, Modelle, Konzepte auszuarbeiten, wie wir Österreich mittelfristig energieun­abhängig machen können. Das ist auch eine nicht nur wirtschafts- und sozialpolitisch entscheidende Frage für die Zukunft, sondern für die gesamte Außen- und Friedens­politik, denke ich.

Schauen wir doch einmal, von wem wir im Moment abhängig sind: Das ist Libyen, das ist Nigeria, das ist der Irak, das ist Saudi-Arabien; beim Gas ist es das „System Putin“. – Ich glaube, das ist überhaupt keine Garantie für die Zukunft. Im Gegenteil: Das ist das Un­sicherste, was es für das österreichische Wirtschaftssystem geben kann, näm­lich diese Ab­hängigkeit zu verlängern.

Daher fordere ich Sie konsequent auf und flehe Sie wirklich nachdrücklich an: Gehen Sie mit uns den Weg des radikalen Ausstiegs aus Öl und Gas in Österreich mit und unter­stützen Sie die Grünen! Viele Menschen gehen diesen Weg schon freiwillig in ihren Häu­sern, mit ihren Heizungen, mit ihrer Mobilität. Behindern wir die Menschen nicht länger, sondern unterstützen wir sie bei diesem Weg! (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Sozialminister weiß ganz genau: Vergangenes Jahr waren es 4 Prozent der Bevölkerung, die ihre Häuser nicht mehr adäquat heizen konnten; im nächsten Winter werden es eine halbe Million Menschen sein. Pendlerinnen und Pendler klagen. Vor al­lem viele Frauen klagen, die eine Doppel- und Dreifachbelastung, was die Kosten be­trifft, haben. – Ich denke, wir könnten ein vernünftiges Paket anstatt dieser Mehrwert­steuersenkung schnüren, dem vielleicht eine Mehrheit im Haus zustimmen kann – und nicht nur Rot-Blau.

Zu einer Mehrwertsteuersenkung: Ich glaube, das ist ausdiskutiert, und wenn man wirklich soziale Gerechtigkeit herstellen möchte, dann nicht über Massensteuern, son­dern über eine gezielte Entlastung dieser Gruppen; ebenso über eine gezielte Lösung von Problemen, die genau diese Gruppen haben. Und eines davon ist die Energiever­sorgung, auch die Mobilität, aber auch die Kinderbetreuung. Da gibt es sehr, sehr viele Maßnahmen, die konkret direkt diese Gruppen betreffen – und daher keine Gießkan­nen-Politik. Ich kann da wirklich die Argumente vonseiten der SPÖ nicht nachvollzie­hen. (Beifall bei den Grünen.)

Was ließe sich mit 1 Milliarde € alles machen? – Mit 1 Milliarde € könnte man öster­reichweit, und zwar flächendeckend, Gratis-Kinderbetreuung anbieten, auf einem hö­heren Niveau. Das kostet ungefähr 400 Millionen €.

Mit 1 Milliarde € könnten wir zusätzlich für Schülerinnen und Schüler, für Lehrlinge, für Jugendliche, für Studierende Gratisfreifahrt beziehungsweise eine Studierendenfrei­fahrt einführen.

 


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