Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 93

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Zusätzlich könnten wir mit diesem Geld noch Austauschprogramme machen – für Ein­familienhäuser auf dem flachen Land, die sich für einen Kesseltausch von Öl auf Pel­lets den Kessel nicht leisten können, 15 000 € vorfinanzieren. Wir könnten weiters vor allem in großen Zinshäusern in die thermische Sanierung investieren, für Familien, die dort wohnen, die dort unter den Heizkosten leiden und selbst gar nichts tun können, die sozusagen Gefangene sind, die Heizkosten um 90 bis 95 Prozent senken.

Mit dieser 1 Milliarde € könnten wir so viele vernünftige Dinge machen, sodass ich wirklich nicht nachvollziehen kann, warum hier darüber nicht einmal eine ordentliche Debatte geführt wurde. Wir haben mit der SPÖ kurz darüber gesprochen, aber es ist offensichtlich klar, diese hat sich entschieden: Die SPÖ möchte mit den Freiheitlichen dieses Mehrwertsteuersenkungspaket unbedingt machen! – Das ist sachlich nicht nachvollziehbar, es ist aus meiner Sicht auch politisch nicht nachvollziehbar, und es gibt, wie gesagt, eine ganze Fülle von Dingen, die sehr, sehr viel mehr Sinn machen würden. (Beifall bei den Grünen.)

Ein letztes Wort noch: Herr Vizekanzler und Finanzminister, Sie klagen ständig darü­ber, dass von allen „große Wahlzuckerl“ versprochen werden, und Sie sagen, wenn man so etwas verspricht und nicht dazusagt, wie man es finanzieren möchte, dann werden entweder Steuererhöhungen oder Sparpakete herauskommen. – Das ist voll­kommen richtig, aber ich glaube, man muss sich dazu bekennen, auch die österreichi­sche Steuerstruktur ändern zu wollen. Diese ist bei Weitem nicht mehr gerecht, schon lange nicht mehr gerecht, und Sie haben in den letzten zwei Jahren nichts dazu beige­tragen – ganz im Gegenteil –, Gerechtigkeit im Steuersystem wiederherzustellen.

Warum senken wir nicht die Sozialversicherungsbeiträge, warum senken wir nicht die Lohnsteuer, warum finanzieren wir das nicht über eine Abschaffung der Privilegien aus der Stiftungsbesteuerung? Warum machen wir das nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Muss man sich dafür genieren – ich habe den Eindruck, dass Sie sich dafür genieren –, wenn man sagt, man möchte bestimmte Gruppen, die es wirklich nicht mehr notwendig haben, entlastet zu werden, nämlich die obersten Zehntausend in Österreich, bitten, einladen, mehr zum Sozialsystem, zum Bildungssystem, zum Gesundheitssystem bei­zutragen? Ich glaube, viele dieser Menschen sind dazu sogar gerne bereit. Und des­wegen verstehe ich auch nicht, warum es unmoralisch oder gar ein Albtraum sein soll, wenn man auch über Steuern diskutieren will, auch wieder über Steuererhöhungen dis­kutieren will, eben für diejenigen, für die das wirklich kein Problem darstellt. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss, Kollege Cap: Sie kennen die Argumente der Bevölkerung, wie ich sie vorhin beschrieben habe. Es war heute sicher nicht in Ordnung, dass man eine Son­dersitzung einberuft und kein Minister der SPÖ hier ist, sich überlegt hat, hier ins Hohe Haus zu kommen. Das war sicher nicht in Ordnung! Aber anstatt zu sagen, okay, das war nicht in Ordnung, dann zu sagen, das war ein augenzwinkerndes taktisches Schwänzen für den Konsumenten, für die Konsumentin, um jetzt irgendwelche Koali­tionsbildungswehen, die Sie noch im Nachhinein haben, nachzubilden, das verstehe ich überhaupt nicht. Und ich glaube, das versteht überhaupt niemand.

Man kann doch auch einmal sagen: Wir haben einen Fehler gemacht! Ich glaube, man braucht in der Politik wieder diese Ehrlichkeit. Okay, könnte man sagen, wir alle sind nicht die Gescheitesten, wir alle wissen nicht bei allen Problemen die hundert- und tau­sendprozentige Lösung, aber man kann doch ohne Weiteres einmal sagen: Okay, ich entschuldige mich, das war leider ein Affront gegenüber dem Parlament und allen Men­schen, die vor dem Fernseher auf die Debatte gewartet haben und jetzt sehr viel weni­ger davon sehen können! (Beifall bei den Grünen.)

16.59

 


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