Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 91

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der aus begüterten Elternhäusern die Studienbeiträge ersparen. Ist das Sozialpolitik? – Da sage ich: Na bravo, weit haben Sie es gebracht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher: Wir gehen den Weg der sozialen Gerechtigkeit, wir gehen den Weg dessen, was verantwortbar ist, wir versprechen nicht mehr, als wir halten können. Und wir sa­gen klar: Soziale Gerechtigkeit braucht ein starkes wirtschaftliches Fundament und kei­ne leeren Versprechungen, die unsere Kinder und Kindeskinder zahlen müssen! Da tue ich nicht mit. Und ich hoffe, es setzt sich bei Ihnen das soziale Gewissen durch – und nicht der billige Wahlpopulismus. (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

16.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig-Piesczek. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.50.39

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass die Studiengebühren heute abgeschafft werden, das ist richtig, Herr Vizekanzler Molte­rer, und ich sage Ihnen zwei wichtige Argumente dazu. Das eine Argument ist: Es gibt einen sehr guten Bericht, ich glaube, noch von Ex-Bildungsministerin Gehrer, zur so­zialen Lage der Studierenden in Österreich, und wenn Sie den nachlesen, werden Sie sehr klar erkennen können, dass sich die soziale Lage der Studierenden in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat. Der Großteil arbeitet, der Großteil kämpft mit den Lebenserhaltungskosten, der Großteil kämpft mit Verbindungen zwischen Stu­dium, Arbeit und Familie. Daher: Die Studiengebühren gehören für diese Mensche grundsätzlich abgeschafft. Das ist das Sachargument. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das zweite Argument ist ein grundsätzliches bildungspolitisches Argument. Ich bin der Meinung, die Grünen sind der Meinung, dass es in Österreich grundsätzlich einen frei­en Bildungszugang geben soll: vom Kindergarten, von den Kinderbetreuungseinrich­tungen bis zu den Universitäten. Bildung soll für alle frei zugänglich sein. Da gehört der Gratiskindergarten dazu, da gehört eine besser ausgestattete Schule dazu, und da­zu gehören auch finanziell besser ausgestattete frei zugängliche Universitäten. (Beifall bei den Grünen.)

Wir alle sind im Moment im Wahlkampf, und ich glaube, ich erzähle Ihnen nichts Neu­es: Das, was Sie, ich und viele von uns die ganze Zeit hören, ist, dass viele Menschen in Österreich von der Politik die Nase gestrichen voll haben, vor allem von den letzten zwei Jahren, von den Streitereien. Heute haben wir aber leider, und zwar auf weiten Strecken, dieses Vertrauen nicht wieder verbessern beziehungsweise herstellen kön­nen.

Ich möchte, wenn wir über Sozialpolitik und Gerechtigkeit diskutieren, ebenso über Umverteilungsmaßnahmen und Steuerpolitik, nicht ständig bei diesen Listen von Le­bensmitteln landen, bei diesen „Luxuslebensmitteln“, über die es sich herrlich polemi­sieren lässt, wo die Menschen mittlerweile fassungslos aussteigen, weil sie sich von uns – zu Recht – erwarten, dass wir Sozialpolitik anders, jedenfalls seriöser diskutie­ren, vor allem maßnahmenorientiert diskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, dass es gleichfalls eine sehr wichtige Aufgabe wäre, eine gewisse Orientie­rung zu geben, ein bisschen zu analysieren und nachzudenken, was denn die Ursa­chen für diese Preissteigerungen sind, was wir dagegen langfristig unternehmen kön­nen – und nicht nur bis zum 28. September, sondern für die nächsten fünf Jahre, für die nächsten zehn Jahre. Eine solche Debatte kommt völlig zu kurz. Und es ist wirklich


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