Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 124

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Liebe Kollegen, es ist schon ein peinliches Schauspiel, das Sie hier seitens der SPÖ und seitens der ÖVP liefern. Sie streiten bereits in der Dringlichen Anfrage darüber, wer jetzt Anfragen stellen darf, wer im Preisgesetz eingreifen darf und wer nicht. Diese Peinlichkeit interessiert niemanden der Bürger. Es ist wirklich eine Peinlichkeit, dass Sie hier darüber streiten, wer kompetent ist, Preise zu beeinflussen, und wer nicht. Die­ses erbärmliche Schauspiel der Koalition zieht sich durch Ihre Arbeit durch und ist heu­te einmal mehr ein Beweis dafür, dass Sie auch keine Achtung vor dem Hohen Haus haben, keine Achtung vor den Rednern, die hier stehen, um ihnen das freie Wort zu er­möglichen. Aber das ist offenbar Stil der ÖVP, und das ist Stil der SPÖ. (Ruf bei der ÖVP: Der SPÖ!)

Interessant ist natürlich, dass die SPÖ hier auf volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise eingeht. Liebe Herrschaften, da müssten Sie auch auf volkswirtschaftlich gerechtfertig­te Löhne eingehen! Das tun Sie vorsorglich wieder nicht. Oder wollen Sie vielleicht nur hin auf kommunistische Planwirtschaft drängen? – Keine Ahnung, was Sie mit diesem Antrag wollen. Er geht völlig ins Leere, er bringt überhaupt nichts, weil nämlich – und das steht auch im Gesetz – es eindeutig nur anzuwenden ist, wenn es eine Störung bei der Versorgung der Bürger und so weiter geben kann. Das heißt, das Gesetz trifft viel­leicht in Notzeiten zu, aber nicht dann, wenn eine Regierung handlungsfähig wäre, wie sie es eigentlich jetzt sein sollte. Also streiten Sie nicht übers Gesetz, streiten Sie lieber über die Möglichkeiten, die da sind.

Wir erleben wirklich, dass die Bevölkerung völlig verarmt und dass die Herrschaften von der ÖVP hier sagen: Es gibt keine Verarmung, Österreich ist das viertreichste Land. Herr Schüssel, das mag schon sein, dass das Bruttosozialprodukt in den letzten sechs Jah­ren um 10,9 Prozent gestiegen ist; das mag schon sein. Die Bevölkerung hat aber da­von nur mit 1,6 Prozent profitiert, weil die Löhne nur um 1,6 Prozent der Summe gestie­gen sind.

Wir sprechen von einer Schere, weil sie tatsächlich gegeben ist. Herr Schüssel! Eine An­merkung am Beispiel der ausgeglichenen Körpertemperatur: Wenn Sie sich bei 36,5 Grad wohlfühlen, mag das in Ordnung sein. Folgt man aber Ihrer Logik, dann bestünde ausge­glichene Körpertemperatur auch dann noch, wenn man mit einem Fuß in den Eiskas­ten steigt und mit einer Hand ins Feuer greift. – Genauso geht es den Armen in diesem Lande, Herr Schüssel, und das übersieht die ÖVP.

Verarmung findet tatsächlich statt. Schauen Sie sich zum Beispiel im Internet an, was los ist und welche Tipps schon gegeben werden müssen, damit Menschen überhaupt noch über die Runden kommen können. Ihre Kollegen aus Deutschland empfehlen ja bereits, bei Hartz IV die Ausgleichssätze von 351 €, die ja viel zu hoch sein sollen, auf 132 € zu senken.

Bitte hören Sie auf, Österreich schönzureden! Österreich hat vielleicht beim Bruttoso­zialprodukt eine Steigerung erlebt, aber die Bevölkerung selbst hat von diesem Reich­tum nichts mitbekommen. – Das ist Faktum, und davon müssen wir leider ausgehen.

Auch wenn Sie mit einer Vermehrung des Geldvermögens argumentieren: Tatsache ist, dass die Löhne unter Berücksichtigung der Inflationsbereinigung seit dem Jahre 2000 in Summe sogar real um 6 Prozent gesunken sind. – Auch das sind Fakten, die Sie ver­gessen, Herr Schüssel! Zaubern Sie nicht immer irgendwelche Statistiken her, die ir­gendwo im Umfeld der ÖVP erstellt wurden.

Die Kaufkraft liegt am Boden und ist katastrophal. Ich werde Ihnen auch noch eine Sta­tistik-Austria-Tabelle zeigen, anhand deren Sie sehen können, was wirklich los ist. (Der Redner zeigt eine Statistik.)

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite