Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung, 12. September 2008 / Seite 125

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Seit 2000 haben Nahrungsmittel eine Teuerung von 17 Prozent erfahren müssen, Woh­nung, Wasser und Energie eine Teuerung von 25 Prozent und Erziehung und Unter­richt – gerade der Bereich Bildung! – eine Teuerung von 57 Prozent. – Das sind Fak­ten, und daher können Sie, Herr Schüssel und werte Kollegen von der ÖVP, nicht sa­gen, dass alles gut ist, was da kommt.

Nun komme ich aber zu Herrn Faymann: Ihre Idee ist ja wirklich die kurioseste, die es überhaupt gibt. Ich werde Ihnen vorrechnen, warum; es reichen dazu einfache Kennt­nisse der Mathematik:

Die Anteile der Ausgaben des einfachen Haushaltes betragen 22 Prozent für Woh-
nen und Energie, 16 Prozent für Verkehr, jedoch nur 13 Prozent für Lebensmittel. Herr Faymann! Wir rechnen weiter: Der Durchschnittsnettolohn in Österreich beträgt unge­fähr 1 300 €. Davon gehen 13 Prozent in Lebensmittel; das macht pro Monat 169 € aus. Diese 169 € ergeben bei einem Satz von 10 Prozent gerade einmal eine Mehrwert­steuer von 17 €.

Nun wollen Sie diese 17 € auf 8,5 € halbieren. Das heißt, Ihr grandioser Vorschlag, die Österreicher durch eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes bei Lebensmitteln zu entlasten, bedeutet, dass die Österreicher um 8,5 € pro Monat und Einkommen kauf­kräftiger sind. Lieber Herr Faymann, Sie müssen mir vorrechnen, wie das funktionieren soll! Dieser Vorschlag geht total ins Leere, ist völliger Unsinn und hilft den Österrei­chern überhaupt nicht.

Ich werde Ihnen anhand zweier Beispiele zeigen, wo es wirklich hakt und wo wirklich Probleme vorhanden sind. Herr Faymann! Wenn Sie ehrlich darum bemüht sind, etwas zu ändern – nicht nur in Wahlkampfzeiten, sondern vielleicht sogar später, wenn Sie Ihr Ziel erreichen sollten, Bundeskanzler zu werden (Abg. Rädler: Eine Wahlempfehlung?) –, dann hören Sie sich diese Gedanken an:

Seit der Einführung des Euro haben wir erleben müssen, dass die Gehälter mit 13,76 : 1 umgerechnet wurden, während die Waren und die Kosten, die der Bürger zu tragen hat, mit 1 : 10 umgerechnet wurden. Allein durch diese kalte Enteignung haben wir es geschafft, die Bürger bei der Euro-Einführung um 38 Prozent ärmer zu machen. Die Bürger sind bei der Euro-Einführung bestohlen worden – schön langsam, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr –, und heute erleben wir, dass dem Bürger auf Grund dieser Umstellungsthematik 38 Prozent fehlen. Ich nenne das Diebstahl am Volk; ich nenne das Diebstahl vor allem an den Familien, weil die am meisten unter diesen Zuständen leiden müssen.

Auf die große Frage, warum in Deutschland die Kosten für Lebensmittel um 21 Prozent weniger betragen, gibt es auch eine einfache Antwort. Das könnten Sie auch selbst nachrechnen. Der Grund ist der Umrechnungsschlüssel: 1 : 13,76 in Österreich, 1 : 2 in Deutschland. Wenn Sie das umrechnen, kommen Sie genau auf den Faktor von 20 Pro­zent. Das heißt, der Handel und alle betroffenen Handelsketten haben es sich leicht ge­macht und haben die Umrechnung ganz einfach vollzogen.

Das heißt zweimal Betrug am Bürger: einmal bei der Euro-Umrechnung und ein zwei­tes Mal – und jetzt kommt’s! – natürlich auch bei der schleichenden Enteignung durch den Euro und die gesamte Europäische Währungsunion.

Ich habe einen ganz interessanten Artikel von Herrn Professor Hankel gelesen. – Sie ken­nen ihn vielleicht, er ist Präsident der Hessischen Landesbank und auch EU-Berater. Er sagt, Deutschland habe eine leistungsfähige Volkswirtschaft, aber das, was es an Überschüssen hereinhole, komme nicht ihnen zugute, sondern fließe nach Europa. Er bringt eine Studie, die beweist, dass Deutschland pro Jahr einen Leistungsbilanz-Über-


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