Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 92

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mit dem Hinweis Angst gemacht, dass in Zukunft immer weniger Steuerzahlern immer mehr Pensionisten gegenüberstehen würden. (Vizekanzler Mag. Molterer: Das sind einfache Fakten!)

Sie haben den Menschen in der Folge betriebliche und private Pensionsvorsorgen ein­geredet, mit dem Hinweis auf steuerliche Förderung und deren Unterstützung, aber ohne zu sagen, welche Risiken damit verbunden sind – und das, so behaupte ich, wider besseres Wissen, Herr Finanzminister. (Beifall bei den Grünen.) Zahlreiche Stu­dien belegen, dass das, was Sie behauptet haben, schlicht nicht stimmt.

Schauen wir uns einmal die Pensionisten bei den Betriebskassen näher an: Allein durch die Veranlagungsverluste der Pensionskassen zwischen 2000 und 2002 muss­ten etwa 500 000 Betriebspensionisten Veranlagungsverluste von bis zu 25 Prozent hinnehmen – noch nicht eingerechnet die massiven Veranlagungsverluste, die im heu­rigen Jahr zu erwarten sind.

Die Schlussfolgerung kann nur eine sein: Jede weitere Aushöhlung des staatlichen Pensionssystems ist daher in hohem Maße politisch verantwortungslos. Anstatt den Menschen mit der staatlichen Pensionsvorsorge Sicherheit im Alter zu garantieren, lie­fern Sie, Herr Finanzminister, immer mehr Menschen der Spekulation auf den Finanz­märkten aus. Das halte ich schlicht für skandalös. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Herr Finanzminister, gehören aber offensichtlich auch zu jenen unverbesserlichen Marktfundamentalisten, die glauben, dass sich die Stabilität auf den Finanzmärkten wiederum von selbst einstellt. Nur so kann ich mir Ihre bisherige Untätigkeit erklären. Ihre heutigen Ankündigungen für neue Regelwerke auf den Finanzmärkten sind ja an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. (Beifall bei den Grünen.)

Was hat es in Österreich gegeben? – In Österreich hat es eine lauwarme Finanzmarkt­reform als Antwort auf die BAWAG-Spekulationskrise gegeben. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mag. Molterer.) Aber wo, Herr Finanzminister, sind die Vorstöße auf der europäischen und der internationalen Ebene (Vizekanzler Mag. Molterer: Haben Sie geschlafen?) für mehr Transparenz auf den Finanzmärkten, für ein Verbot ? (Vi­zekanzler Mag. Molterer: Haben Sie geschlafen?) – Die Krise dauert ja schon seit August 2007 an. Was haben Sie denn da getan, Herr Finanzminister? (Beifall bei den Grünen.)

Wann haben Sie sich für ein Verbot von dubiosen, komplexen Finanzinnovationen eingesetzt? Wann haben Sie sich für unabhängige Institutionen, die in Zukunft die Be­wertung von Risiken vornehmen sollen, eingesetzt? (Vizekanzler Mag. Molterer: Vor einem Jahr das erste Mal!) Wann haben Sie sich auf der europäischen Ebene inten-
siv für die Durchsetzung einer EU-Finanztransaktionssteuer eingesetzt? (Vizekanzler Mag. Molterer: Vor einem Jahr das erste Mal!) – Das waren doch alles Lippenbekennt­nisse, aber nicht ernst zu nehmende Vorstöße. (Beifall bei den Grünen.)

Ebenso wenig haben Sie eine Antwort auf die Rezession, auf die wir zusteuern. Die Antwort muss und kann nur in einer sofortigen – ja, sofortigen – Entlastung der unteren und mittleren Einkommen liegen, über die Lohnsteuer und/oder über Sozialversiche­rungsbeiträge; jedenfalls aber nicht über eine Senkung der Mehrwertsteuer; das sei an die SPÖ gerichtet.

Es ist konjunkturpolitisch richtig, es über eine Lohnsteuersenkung zu machen, das be­stätigt uns auch der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes, Karl Aiginger (Bundes­minister Dr. Bartenstein: Das hat er aber gestern nicht gesagt!), und das hilft gegen die Teuerung; dazu sollen die Reichen des Landes – Meinl, Haselsteiner und wie sie


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