Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 111

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Wenn wir in diesem Haus Pflegevorsorge nur am Beispiel dieses Pflegepakets, das wir hier heute beschließen, in Form einer Erhöhung des Pflegegeldes diskutieren, wenn wir nicht weiter darüber nachdenken, wie eine Pflegefinanzierung für die Zukunft orga­nisiert wird, wenn es dann nur den Zwischenruf von Klubobmann Schüssel – oder war es Herr Vizekanzler Molterer? – gibt, na privatisieren wir ein paar Betriebe, dann haben wir ein bissel ein „Gerstel“, um uns den Pflegefonds zu finanzieren, dann frage ich mich, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Ich glaube, nein, mit Privatisierung ist nichts Nachhaltiges zur Finanzierung geschaffen – tut mir leid –, selbst wenn die Privatisie­rung eines großen Betriebes oder die Teilprivatisierung der AUA kurzfristig etwas Geld in die Staatskassen hereinspülen würde, aber die Pflegezukunft haben wir damit nicht gesichert. Da braucht es andere Instrumente, wie etwa eine Vermögensteuer, um Pfle­ge für die Zukunft und nachhaltig über einen Fonds zu organisieren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte es, Herr Klubobmann Schüssel, für keinen Zufall, dass wir den ganzen Wahlkampf weder über die Pflegezukunft noch die Pensionszukunft, nämlich im Sinn von Zukunft, noch über die Zukunft der Gesundheitsversorgung diskutieren. (Abg. Dr. Schüssel: Wir schon!)

Ich kann mich aber erinnern, Herr Klubobmann Schüssel – es war ein Beitrag von Ihnen, und zwar im Plenum vom 9. Juli, der hat bei mir alle Alarmglocken läuten lassen, weil ich natürlich wusste, worauf dieses Spiel hinauslaufen sollte –, dass Sie in diesem Hohen Haus angesichts der Debatte über die Krankenversicherungen gesagt haben – und ich halte es nicht für einen Zufall, dass Sie es so formuliert haben –:

„Warum trauen wir uns da nicht etwas mehr an Wahlmöglichkeiten zu? Warum trauen wir dem Versicherten nicht zu, dass er zwischen verschiedenen Modellen wählen kann, dass sehr wohl die Basissicherheit für alle da ist, aber dass man darüber hinaus bei den Angeboten etwas differenzieren kann, Risikoabsicherung, bessere Leistungen et cetera?“ (Abg. Dr. Schüssel: Ja!) „Das sind doch Dinge, die angesichts der Situa­tion unseres hervorragenden Gesundheitssystems hochinteressant wären.“ – Zitat­ende, Wolfgang Schüssel.

Das ist interessant. Interessant. (Abg. Hornek: Gut so! – Abg. Dr. Schüssel: Danke!) – Aber nicht deshalb, weil ich diesen Weg gehen will, Herr Klubobmann Schüssel, son­dern deswegen, weil Sie damit einen Konsens, den es seit dem Jahr 2000 zwischen den Parteien gegeben hat, verlassen haben. Damals hat die Freiheitliche Partei ge­sagt – das war unter der Regierung Schüssel –: Wir sind eigentlich gegen die Pflicht­versicherung!, und dann wurde ein Diskussionsprozess organisiert, der zu dem Ergeb­nis gekommen ist, dass unter allen in Frage kommenden Alternativen die Pflichtversi­cherung über eine öffentliche Sozialversicherung der beste Weg ist. (Abg. Dr. Schüs­sel: Erlauben Sie einen Zwischenruf?)

Sie, Herr Klubobmann Schüssel, sind der Erste von den größeren Parteien, der diesen Konsens zwischen den Parteien verlassen hat, nämlich, dass wir uns in Österreich für die Zukunft ein soziales Gesundheitssystem – mit der Möglichkeit, die noch ausgebaut, aber nicht eingeschränkt werden sollte: dass wir nämlich die Mehrklassenmedizin, die es gibt, einschränken – organisieren, wo es die gleichen Leistungen für alle, unabhän­gig von Geschlecht, Einkommen und beruflicher Stellung, gibt. Das ist eine Zukunft, für die wir Grünen kämpfen wollen, Herr Klubobmann Schüssel, denn es lohnt sich, dafür zu kämpfen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Schüssel: Erlauben Sie einen Zwi­schenruf?)

Wir Grünen sind nicht für ein Gesundheitssystem – ich weiß schon, das kann man ver­schieden diskutieren –, in welchem die Konkurrenz zwischen den Versicherungen, egal, ob sie alle öffentliche Versicherungen sind oder ob da sogar noch ein paar private


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