Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 378

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schließt, eine wachsende Distanz zu geben. Es gibt auch eine wachsende Intranspa­renz und den Wunsch, hier partizipativ mehr teilzuhaben.

Dem muss man Rechnung tragen, und wer das nicht tut, der nimmt in Kauf, dass diese Schere und dadurch die Kritik immer größer wird. Meiner Meinung nach ist er es, der das Europäische Projekt, das ein Friedens-, ein Sozial-, ein Wirtschafts-, ein Kultur­paket ist, gefährdet.

Wenn man bloß die Auffassung vertritt, eine Volksabstimmung ist ein Störfaktor oder gefährdet den Weg, den man gerade eingeschlagen hat und den man politisch für rich­tig hält, insbesondere in der jetzigen Situation, in der die Regierungen in der Mehrheit konservative Regierungen sind, dann ist das kein demokratischer Zugang und auch keiner, der die Legitimationsbasis und die Breite in der Europäischen Union vergrößert.

Der Antrag hat ja unter Punkt 5 damit, dass die vertraglichen Grundlagen der Europäi­schen Union wesentlich geändert werden müssen, einen wichtigen Begriff als ein Kri­terium, und es wird darin auch die Frage releviert, dass es eine Volksabstimmung nur bei Materien gibt, die die österreichischen Interessen berühren.

Für die Österreichische Volkspartei ist eine Volksabstimmung in dem Zusammenhang ja insofern kein Tabu gewesen, weil sie ja auch mit uns im Regierungsübereinkommen gesagt hat, es soll natürlich eine Volksabstimmung zur Türkei geben. (Zwischenruf des Abg. Strache.) – Das ist natürlich ein wesentlicher Berührungspunkt für die Struktur der Europäischen Union, er berührt auch die österreichischen Interessen, immerhin geht es um zirka 65 bis 68 Millionen Menschen mit den damit verbundenen Reform- und Finanzierungserfordernissen.

Meiner Auffassung nach gilt in Zukunft das Gleiche auch für Reformverträge, die auf die Struktur der Europäischen Union wesentlichen Einfluss haben und damit auch für die österreichischen Interessen von größter Bedeutung sind. Daher verstehe ich nicht, dass es diese Bitte-nicht-die-Bevölkerung-einbeziehen-Haltung vor allem innerhalb der ÖVP gibt, denn im Gegensatz dazu glaube ich, dass man sich dem öffnen soll, dass man diesen Weg gehen soll, egal, welche Zeitung dafür oder dagegen ist (Ruf bei der ÖVP: Das ist nicht egal!) Anderenfalls müsste man im Umkehrschluss sagen, Sie sind die Sprecher der Zeitung X oder Y, denn die ist nämlich dagegen. – Das ist eine un­faire Form der Auseinandersetzung! (Beifall bei der SPÖ.)

1.51


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Zu der strittigen Frage des Antrages: Wir haben das hier eingehend diskutiert. Der An­trag wird zugelassen, allerdings ohne Präjudiz. Eingehende Erläuterungen können wir dann später noch durchführen; nach ausgiebiger Prüfung des Wortlautes ist er aus meiner Sicht jedenfalls zuzulassen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung und beginnen mit dem im Antrag 907/A der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der vorliegende Gesetzentwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen, es liegt somit kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsord-


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