Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 28

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wissen: Der amerikanische Hypothekenmarkt ist der am strengsten regulierte Markt in Amerika, und Fannie und Freddie, diese beiden Hypothekenbanken, sind halbstaatli­che Banken, die auf Wunsch der Clinton-Administration – nicht der „bösen“ Bush-Admi­nistration – das an sich gut gemeinte Ziel gehabt hatten, vor allem den ärmeren Bevöl­kerungsschichten zu möglichst günstigen Konditionen billigen Zugang zu Eigenheimen zu verschaffen. Das war die Idee, und der Kongress hat das noch mit vielen Program­men unterstützt.

Das ist in Wirklichkeit völlig danebengegangen – denn du kannst eben nicht ein Grund­stück zum zweifachen Wert, zu einem zweihundertprozentigen Wert mit Hypotheken belegen. Die „New York Times“ hat bereits im Jahr 1999 massiv vor dieser Entwicklung gewarnt; aus Zeitgründen lese ich es nicht vor, das ist in der „Presse“, und zwar bei Christian Ortner nachzulesen. Dort wurde damals schon gesagt: Wahrscheinlich wird die Regierung diese beiden Banken einmal retten müssen.

Marktversagen? – Da war eine gewaltige Portion Staatsversagen und Politikversagen mit dabei! Dazu kam noch die Politik des billigen Geldes der amerikanischen Fed, übri­gens im Unterschied zur EZB, die sich hier sehr viel vorsichtiger verhalten hat. Es gibt manche österreichische Protagonisten, die die EZB dafür kritisiert haben, dass sie nicht den Weg von Alan Greenspan – billiges Geld, unbegrenzte Liquidität – gegangen ist. (Abg. Strache: Die Fed ist ja privat! – Abg. Dr. Graf: Die Fed ist privat!)

Was war die Folge? – Die Banker haben natürlich geglaubt, Liquidität ist immer und überall unbegrenzt verfügbar. Daher wurden Risken sonder Zahl eingegangen, und selbst die Seriösesten haben in diesem Bereich mitgespielt. Noch dazu hat es moder­ne Produkte gegeben – Sie haben ja darauf hingewiesen –, diese berühmten Derivate in hunderterlei Ausformulierungen. Die waren den Regulierern natürlich immer um drei Schritte und damit weit voraus.

Meine Damen und Herren, was wir daher brauchen, ist nicht „more government“, son­dern „better government“! Wir brauchen Regeln, aber wir brauchen treffsichere Re­geln, die wirklich in der Lage sind, klug und mit Augenmaß das Problem zu adressie­ren. Wenn hier mit diesem Paket klug gearbeitet wird – und davon bin ich sehr über­zeugt nach dem, was die beiden Regierungsvertreter gesagt haben –, dann kann der Steuerzahler davonkommen, ohne dass er als Risiko-Garant in Frage kommt, vielleicht sogar mit einem kleinen Gewinn; gesichert ist es nicht, das müssen wir heute wissen und den Menschen in Österreich auch sagen. Wenn sich zum Beispiel Europa auf die Hinterfüße stellt, dann können wir jetzt vielleicht wirklich zu weltweiten Regeln kom­men, die auch für Steuerparadiese oder für Offshore-Zentren gelten. Wenn der Finanz­sektor besser aufgestellt wird, werden wir in Hinkunft auf Krisen besser vorbereitet sein.

Wie gesagt, die soziale Marktwirtschaft ist etwas anderes als das amerikanische Mo­dell oder das etatistische Modell. Darauf lege ich großen Wert! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden uns nicht für die Fehler des amerikanischen Kapitalismus verantwortlich fühlen. Wir sollten aber auf unserem Modell beharren, denn: Das autoritäre China brüs­tet sich ja heute schon damit, dass es das bessere Modell hat und dass es diese Ba­lance zwischen einem starken Staat und dem Markt eigentlich für sehr gut funktionie­rend befunden hat.

Meine Damen und Herren, das kann nicht unser Modell sein! Wir wissen aus dem Un­terschied zu unseren Nachbarn genau, wie es ist, eine soziale Marktwirtschaft zu ha­ben. Alle unsere Nachbarn haben das in der Planwirtschaft genau erlebt: gleiche Aus­gangslage – und nach vier Jahrzehnten war ihre Wirtschaftsleistung bei weniger als der Hälfte der österreichischen! Das heißt, die soziale Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn es einen transparenten, funktionierenden Markt mit den richtigen Rahmenbedin-


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