Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 32

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Zur europäische Bankenaufsicht, die Finanzminister Molterer angesprochen hat: Ja, auch wir sind der Meinung und sehen dies als notwendig an, weil die einzelnen natio­nalstaatlichen Bankenaufsichten offensichtlich nicht dazu in der Lage sind, solche Ent­wicklungen einzudämmen und zu verhindern. Wir brauchen aber darüber hinaus auch die Kontrolle einzelner Finanzmarktprodukte. In diesem Wust von Tausenden Fonds und Anlagemöglichkeiten, die den Bürgern, die sich da kaum auskennen, oft einmal aufgeschwatzt werden – das muss man sagen –, kennt sich kaum jemand aus. Das heißt, es müssen letztlich einzelne Finanzmarktprodukte kontrolliert werden, nicht nach dem Motto noch mehr Regulierung, sondern nach dem Motto bessere Regulierung. Ich denke, das ist der Sinn und auch die Losung des heutigen Tages.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses 100-Milliarden-Paket allein wäre zu wenig. Wir haben heute auch schon gehört – und das wird immer wieder gesagt –, die­ser Casino-Mentalität, die besteht, muss natürlich ein Ende gesetzt werden. Das geht aber nur, wenn wirklich hundertprozentige Transparenz und Offenheit bestehen. Was das Thema Offenbarungseid betrifft, gebe ich Ihnen Recht, Herr Klubobmann Strache: Auch diese Offenbarungseide müssen geleistet werden. Sie sind notwendig, denn sonst könnte es passieren, dass dieses riesige Paket, das ja als eine ganz große Beru­higungspille gedacht ist, letztlich zum nächsten ganz großen Casino-Chip mutiert. Das wollen wir wohl alle nicht; das muss verhindert werden.

Noch zwei Sätze zu dieser ein bisschen linken Romantik, die da jetzt wieder auftaucht, Herr Klubobmann Cap, zur Verstaatlichungsromantik, vielleicht aus den siebziger Jah­ren; Sie selbst haben es genannt. Wir bleiben da schon beim Prinzip der sozialen Marktwirtschaft, und ich sage Ihnen: Der Staat ist nicht der bessere Banker, er hat nur mehr Geld – Geld von den Steuerzahlern, das er sich letztlich dann und wann nimmt und das wieder zum Schaden der Steuerzahler ausgelegt werden kann. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher warnen wir vor solchen Ideologien, die jetzt wieder hervorkommen. Es ist viel­leicht ein bisschen Reminiszenz dabei bei diesen neuen Verstaatlichungswellen, die da vielleicht ausbrechen, nach dem Motto: heute der Banken- und Versicherungssektor, morgen die Wohnbaugenossenschaften, dann die Pensionskassen und am Ende noch das Gesundheitssystem, Sozialversicherungen und Krankenkassen; alles geht „kra­chen“, daher müssen wir jetzt verstaatlichen und überall den Steuerzahler als Garantie­träger heranziehen, also alles Heil vom Staat! – Das kann es nicht sein, wie wir auch in der Vergangenheit schon gesehen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das lehnen wir ab. (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.)

DDSG, Semperit, BAWAG, Verstaatlichten-Pleite – wenn man das alles auflistet, dann sind wir eigentlich schon davon geheilt. (Abg. Krainer: Die BAWAG war keine staatli­che Bank!) Wir sagen klipp und klar: Jawohl, der Staat soll seine Kernaufgaben des Schutzes und der Sicherung wahrnehmen. Ich glaube, das ist auch richtig. Wir sagen jedoch nein zu einem neuen Staatsdirigismus (Abg. Krainer: Die BAWAG war keine Minute im Staatsbesitz!) und ein bisschen sozialdemokratischer Romantik, die da auf­kommt. (Abg. Krainer: Die BAWAG war eine private Bank!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Auswirkungen auf die Realwirtschaft wur­den ebenfalls angesprochen. Diese sind bereits spürbar: Wir bemerken Kurzarbeit, wir bemerken große Probleme in den einzelnen Betrieben, die in Richtung Rezession lau­fen. Wer jetzt vor den Auswirkungen, die sich auf die Realwirtschaft niederschlagen, die Augen verschließt, trägt am Ende die Verantwortung für Arbeitslosigkeit. Das ist die große Gefahr, die wir alle im Moment sehen.

Daher braucht es jetzt auch ein System der Entlastung. Wir brauchen trotzdem Ent­lastungsmaßnahmen – ich sage: trotzdem –, wir brauchen trotzdem eine vorgezogene Steuerreform. 2010, Herr Finanzminister, ist zu spät! Wir brauchen jetzt Kaufkraft, wir


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