Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 38

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tionsbedarf besteht. Ich schließe mich an. Better regulation ist besser, als das quasi überbordend zu gestalten von mir aus, aber dann müssen wir auch entsprechend zielgerichtet Instrumente dafür schaffen.

Ich mache außerdem das Plenum darauf aufmerksam, dass ein diesbezüglicher Antrag der Grünen im letzten Hauptausschuss, der die Regierung in ihrem Auftreten auf Rats­ebene beziehungsweise EU-Ratsebene an die Hauptausschuss-Stellungnahme gebun­den hätte, nicht angenommen wurde, und zwar weder von SPÖ noch von ÖVP. Darin ging es genau um die Richtung. (Abg. Dr. Schüssel: Weil sie es ohnehin gemacht hat!)

Worin ist denn nun genau die Ursache dieser Entgleisung der Finanzmärkte zu su­chen? – Es ja nicht das Problem, dass wir ein Banksystem haben. Wir brauchen das doch, um Gottes Willen; natürlich brauchen wir Finanzkreisläufe. Die Funktion von Bank- und Kreditwesen ist es aber doch primär einmal, Spareinlagen zu bündeln, damit Kredite vergeben werden können, und die Makropolitikleitung durch eine Notenbank. Das ist alles ganz schlicht und simpel und somit die Realwirtschaft unterstützend. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe der Finanzmärkte, Pyramidenspiele zu betreiben.

Das alles könnte uns auch noch egal sein, wenn das Aufbauen der Pyramide und ihr Einstürzen ohne Auswirkung auf die wirkliche Wirtschaft, die sogenannte Realwirt­schaft – vermutlich ein Unwort des Jahres 2008 – bliebe. Das ist doch das Problem: dass, wenn sich die Pyramide aufschaukelt, Einzelne sehr wohl daran verdienen, sie sehr wohl in der Lage sind, Realvermögen auf die Seite zu räumen, und wenn das ganze Spiel einstürzt, alle BürgerInnen auf dem Globus die Zeche dafür zahlen. Es
ist eben die Asymmetrie, die darin steckt ist, die das große Problem ausmacht! (Präsi­dent Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Wir spüren es ja auch in Österreich, wenn zum Beispiel jetzt schon Klein- und Mittelbe­triebe Klage führen, dass sie zu den alten Konditionen keine Kredite mehr bekommen, dass wesentlich mehr Sicherheiten verlangt werden, sogar höhere Zinsen et cetera. Wo soll denn das hinführen?!

Das ist die Auswirkung nicht nur des Konjunkturabschwunges, der ohnehin gekommen wäre, sondern dieser Finanzkrise. Dort liegt das Problem, und deshalb ist es so wich­tig, dass man da nicht zuschaut, sondern hineingreift. Das muss zu keiner Überregulie­rung führen, aber immerhin zu Regulierungsmaßnahmen.

Momentan ist doch der Eindruck der – und zwar nicht nur in den USA oder auch im restlichen Europa, sondern auch wir in Österreich hatten diesen Eindruck –, dass nicht die Finanzinstitutionen von der Politik und damit von gesellschaftlichen Interessen re­guliert würden, sondern dass sich die Finanzinstitutionen eine Politik halten, die sie re­guliert. So ist es doch! Das hatten wir bei den Erkenntnissen des Bankenausschusses, das haben wir, wenn wir die bisherige europäische Finanzpolitik betrachten. Es wurden überhaupt keine Anstalten gemacht, eine europaweite Finanzmarktaufsicht einzufüh­ren. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt gibt es Lippenbekenntnisse, ja, jetzt ist auch ein historisches Fenster offen! Jetzt könnten wir und sollten wir danach trachten, dass es eine EU-weite Finanzmarktauf­sicht gibt. Das wird natürlich einige Zeit brauchen. Das wird zunächst sozusagen eine Finanz-Interpol sein, eine Zusammenarbeit der nationalen Aufsichten, aber immerhin. – Ich hoffe, dass da etwas weitergeht; Sie haben Ihr Wort gegeben.

Es braucht aber auch Instrumente, denn schlussendlich geht es doch darum, dass nicht alles gemacht werden darf, nur weil es gemacht werden kann. In der Bundesre­publik Deutschland gibt es 53 000 verschiedene Derivatinstitute, also Einzelvertragsbe­stimmungen. Die dortige Behörde, die BaFin, sagt selbst, dass sie sie gar nicht mehr


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