mente und Stadträte wurde aber nur die Märchenversion präsentiert. Die 1 000-Seiten-Vertragswerke, die es nur in englischer Sprache gibt, enthalten strafbewehrte Geheimhaltungsklauseln. Nur Oberbürgermeister und Kämmerer durften reinsehen, verstanden aber kaum etwas und waren abhängig von der Interpretation, die ihnen die Nadelstreifenanwälte großer US-Kanzleien gaben. Vielfach unterliegen sogar die Namen der Investoren der absoluten Geheimhaltung. Von 1994 bis 2004 schlossen in Westeuropa etwa 700 Kommunen und staatliche Unternehmen solche Verträge, in Deutschland sind es etwa 200.
Gegenwärtig verhandeln in Deutschland zahlreiche Kommunen wie Wuppertal, Recklinghausen, Gelsenkirchen und Bochum und kommunale Zusammenschlüsse wie die Bodensee- und die Landeswasserversorgung Baden-Württemberg über den Wechsel beteiligter Banken. Banken spielen nämlich bei dem Geschäft hinter den Kulissen die entscheidende Rolle. Darüber wurde öffentlich nicht informiert. Der von den Investoren gezahlte Kaufpreis – er lag zwischen 80 Millionen und zwei Milliarden Euro, je nach Wert der Anlage – wurde nämlich gar nicht an die Städte ausbezahlt, die erhielten als kleine Mitmachprämie lediglich den »Barwertvorteil«. Für 95 Prozent des Kaufpreises waren die Städte nur eine Durchlaufstation. 80 Prozent gingen an zwei Schuldübernahmebanken, die daraus namens der Städte 30 Jahre lang, also bis etwa 2030 oder 2034, die Leasingraten bezahlen sollen. 15 Prozent gingen an eine Depotbank, die damit während derselben Laufzeit für die Städte den Rückkaufpreis an den Investor erwirtschaften soll. Die Verträge besagen aber, daß die Treuhänderbanken diese Beträge als unwiderrufliches Eigentum erhalten. Wenn sie pleite gehen, bleiben die Städte letztlich zahlungspflichtig. ()
Die Probleme mit CBL sind allerdings nicht so neu, wie es gegenwärtig erscheint. Anfangs wurde behauptet, die Verträge stünden ja »nur auf dem Papier«. Aber schon von Beginn an sind die Städte in ihrer Verfügungsgewalt eingeschränkt. Bei Kanalisationen z.B. bestehen die Investoren darauf, daß die über den Kanälen liegenden Grundstücke zugänglich bleiben. Köln, Recklinghausen und Stuttgart etwa konnten deshalb Bebauungen nicht so ausführen wie geplant. In Stuttgart mußte eine vom Stadtrat schon beschlossene Neckarbrücke zwischen den Stadtteilen Mühlhausen und Aldingen gestoppt werden. Die Trasse wäre einige Meter über das Gelände des verkauften Klärwerks Stuttgart-Mühlhausen verlaufen, was der Investor aber als schwerwiegenden Eingriff in sein Eigentum betrachtete und nicht zustimmte. Hätte Stuttgart die Brücke trotzdem gebaut, hätte die Stadt ein Mehrfaches der Baukosten als Schadenersatz an den Investor zahlen müssen. Die Brücke mußte verlegt werden und kostet nun wesentlich mehr. Einige öffentliche Verkehrsbetriebe können Züge und Straßenbahnen, die sie wegen geringerem Fahrgastaufkommen nicht mehr brauchen, nun aber nicht wie geplant verkaufen, sondern müssen sie betriebsbereit im Depot halten.“
Auch der Rechnungshof beschäftigte sich in seinem Bericht Reihe Bund 2004/7 kritisch mit den Auswüchsen des „Cross-Border-Leasing“ in Österreich und kam zu folgenden Schlüssen:
„Vertragsrisken
Wie erwähnt, verschaffen CBL–Transaktionen dem inländischen Vertragspartner unmittelbar zusätzliche Liquidität (Barwertvorteil). Ob dieser Barwertvorteil auch am Ende der Vertragslaufzeit noch in der ursprünglichen Höhe gegeben sein wird, ist zurzeit nicht abschätzbar, weil die Vertragswerke zahlreiche Risken enthalten, die in der Folge auszugsweise dargestellt sind.
Steuern und Gebühren
(1) Das Risiko nachteiliger Steuerrechtsänderungen oder einer geänderten Rechtsprechung trägt nach der üblichen Risikoverteilung bei CBL–Verträgen jener Vertragspartner, aus dessen Sphäre sie stammen.
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